Bayern rüstet gegen Jugendzentrum

Sicherheitsgespräch zum Weltwirtschaftsgipfel in München/ Gefährliches Jugendzentrum „KOMM“  ■ Von Bernd Siegler

Nürnberg/München (taz) — In einem Spitzengespräch mit Bayerns Innenminister Edmund Stoiber, dem Leiter der Polizeiabteilung im Innenministerium und dem mittelfränkischen Polizeipräsidenten hat Nürnbergs SPD-Oberbürgermeister Peter Schönlein vor „unbesonnenen“ Polizeiaktionen gegen das Nürnberger Jugendzentrum „KOMM“ gewarnt. Trotzdem vereinbarten Stadt und Innenministerium eine „Sicherheitspartnerschaft“. Hintergrund des Gesprächs war die von Stoiber und dem Präsidenten des bayerischen Verfassungsschutzes, Hubert Mehler, initiierte Kampagne gegen das KOMM in Zusammenhang mit geplanten Aktionen gegen den vom 6. bis 8. Juli in München stattfindenden Weltwirtschaftsgipfel.

Wie berichtet, hatten der Innenminister und Bayerns Verfassungsschutz-Chef das KOMM als „Zentrum für das gewaltbereite Spektrum“ in Bayern bezeichnet, in dem militante Aktionen gegen den WWG geplant würden. Sie hatten eine Linie von den Autonomen über Befreiungsbewegungen der dritten Welt bis hin zur RAF als potentiellen Täterkreis gezogen. Im Nürnberger Rathaus hat Stoiber gegenüber OB Schönlein und dem städtischen Rechtsreferenten Hartmut Frommer jetzt erneut betont, daß Bayerns Sicherheitsbehörden nicht bereit seien, „ein Risiko einzugehen — auch was das KOMM betrifft“.

Die Sicherung des störungsfreien Ablaufes des WWG sei „die größte Herausforderung seit den Olympischen Spielen“ 1972 in München. Die Polizei werde „mit allen notwendigen Mitteln“ versuchen, Absprachen für Gewalttaten zu unterbinden. Stoiber sicherte dem Nürnberger Oberbürgermeister zu, „möglichst alle“ Polizeiaktionen mit der Stadt abzusprechen.

Im Gegenzug war sich Schönlein mit Innenminister Edmund Stoiber einig, daß jeder Protest gegen den WWG „mit einem Bekenntnis zur Gewaltfreiheit zu verbinden“ sei. Zur Freude des bayerischen Innenministers erklärte Schönlein es zu seinem Ziel, auch im KOMM das „Gewaltpotential zu isolieren“. Dann würden, so hoffen Schönlein und Stoiber, „gewaltbereite Kräfte“ das KOMM von sich aus verlassen. Schönlein warnte Stoiber davor, die „mit diesem Sicherheitsgespräch begonnene Partnerschaft“ mit „unbesonnenen“ Polizeiaktionen zu unterlaufen.

Er erinnerte dabei an die legendären Massenverhaftungen im März 1981. Damals hatte die Polizei während der Hausbesetzerbewegung nach einer Demonstration, in deren Verlauf drei Fensterscheiben zu Bruch gegangen waren, das KOMM umstellt und 141 Personen festgenommen. Später stellte sich heraus, daß die Eskalation im bayerischen Innenministerium geplant und durch Polizeiprovokateure initiiert worden war.

Einen Vorgeschmack auf das Vorgehen während des WWG lieferte die Nürnberger Polizei am Wochenende. In einer Großaktion überprüfte sie 53 mutmaßliche Parolensprüher, durchsuchte eine Wohnung und mehrere Fahrzeuge. Der Grund: mehrere an Hauswände und Telefonzellen gesprühte Parolen wie „Den WWG angreifen“.