Uranschieber in Augsburg gefaßt

Zwei russische Staatsangehörige wollten 1,2 Kilogramm Uran verkaufen/ Täter festgenommen/ Uran lag in einer Reisetasche im Kofferraum/ Hotelbesitzerin hat Angst vor Verseuchung  ■ Aus Augsburg Klaus Wittmann

Rätselraten herrscht nach wie vor um ein in Augsburg aufgeflogenes Uran- Geschäft. Der Tatort: ein Hotelparkplatz. Zwei russische Männer im Alter von 42 und 36 Jahren werden nach einem Großeinsatz eines Sondereinsatzkommandos des bayerischen Landeskriminalamtes festgenommen. Im Kofferraum eines Mercedes finden die Beamten in einer Sporttasche einen bleiumhüllten Metallbehälter — in dem Behälter 1,2 Kilogramm Uran im Wert von 1,9 Millionen Mark. Es handelt sich um zirka einen Zentimeter große Uran-Tabletten.

Nach einer tagelangen Informationssperre entschlossen sich am Montag vormittag das bayerische Landeskriminalamt und die Augsburger Staatsanwaltschaft zu einer gemeinsamen Presseerklärung. Das sichergestellte Uran sei vermutlich mit dem Isotop 235 angereichert. Genauere Angaben zum Grad der Anreicherung waren nicht zu erhalten. Ein extra aus Luxemburg eingeflogener Spezialist der internationalen Atomaufsichtsbehörde Euratom ist laut Landeskriminalamt (LKA) mit der genauen Analyse des Urans beschäftigt.

Die Leitende Oberstaatsanwältin Wilma Resenscheck erklärte auf taz- Anfrage hin, das Uran sei „von entsprechend versierten Leuten nach Karlsruhe gebracht worden“. Doch im Kernforschungszentrum ist von dem Uran nichts bekannt.

Daraufhin behauptet die Staatsanwaltschaft, daß das Uran erst am Montag nach Karlsruhe gebracht worden sei. Seit der Beschlagnahme wurde es beim LKA in München aufbewahrt. „Es kann auch sein, daß es nur zwischengelagert und ganz woanders untersucht wird“, ergänzt die Chefin der Augsburger Staatsanwaltschaft.

Informationen zum genauen Tathergang und die Zusammenhänge werden von LKA und Staatsanwaltschaft weitgehend abgeblockt. Zu den beiden Festgenommenen ist lediglich zu erfahren, daß es sich um einen Russen aus einem Augsburger Aufnahmelager und einen Mann aus einem Übergangswohnheim im Landkreis Regensburg handelt, die schon seit längerer Zeit überwacht werden. Der jüngere Mann soll in Neutraubling bei Regensburg ein Import-/Exportgeschäft betrieben haben und bekannt dafür sein, daß er „mit allem Möglichen handelt, bis hin zu Lebensmitteln“. Sein Kompagnon aus Augsburg sei ebenfalls als kleiner Händler bekannt. Hausdurchsuchungen hätten nur wenige Unterlagen zu Tage gefördert, alle in russischer Sprache.

„Dem LKA-Sachgebiet Umweltdelikte waren Anfang Februar Informationen zugegangen, nach denen Unbekannte illegal Uran 235 zum Kauf anbieten würden“, heißt es in der Presseerklärung. „Als sich die Hinweise auf die zwei Aussiedler verdichteten, wurden die beiden nicht mehr aus den Augen gelassen.“ Am Donnerstag vergangener Woche sind die Männer dann auf einem Parkplatz festgenommen worden. Die Verhafteten haben keinen Widerstand geleistet. Wie lange die Männer schon in Deutschland leben und ob sie in Rußland mit dem Atomprogramm zu tun hatten, ist nicht zu erfahren. In der Presseerklärung heißt es zur Herkunft des Urans: „Woher das radioaktive Material stammt, ist zur Stunde noch unklar. Die diesbezüglichen Ermittlungen sind ebenso wie die Suche nach möglichen Hintermännern in vollem Gange.“

LKA und Staatsanwaltschaft verweigern jede Auskunft zu den angeblich „privaten Uran-Käufern“. Zur Frage, ob die Bevölkerung einem Strahlenrisiko ausgesetzt war, sagt Wilma Resenscheck: „Die Umwelt ist nicht so stark gefährdet worden, daß etwas hätte passieren können.“ Man habe grob gemessen und festgestellt, daß man nicht von „menschengefährdend“ sprechen könne.

Die Chefin des Hotels, auf dessen Parkplatz die Verhaftungsaktion lief, befürchtet, daß womöglich ein Hotelzimmer verstrahlt worden sein könnte. Denn in der Nacht vor der Verhaftung habe ein Russe im Hotel übernachtet. „Wir haben keinen Anhaltspunkt dafür, daß einer der beiden Festgenommenen überhaupt in dem Hotel übernachtet hat“, sagte dazu der Pressesprecher im LKA.