: Bewährungsstrafen im PDS-Prozeß verlangt
■ Von Martinus Schmidt
Berlin (taz) — Strafen zur Bewährung ohne Auflagen und die Aufhebung der Haftbefehle hat die Staatsanwaltschaft im Untreue-Verfahren um die verschobenen 107 Millionen Mark der PDS für die drei Angeklagten gefordert. Für Wolfgang Pohl sollen danach zwei Jahre und für Wolfgang Langnitschke ein Jahr und neun Monate Haft auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden. Am Ende eines anderthalbstündigen Plädoyers faßte Oberstaatsanwalt Bernd Stange noch einmal zusammen, was die Schuld der früheren PDS-Mitarbeiter ist und wie sie konspirativ und ohne Zustimmung der Parteiführung Vermögensteile dem Zugriff der Partei entziehen wollten. Dabei spiele ihr Motiv „nur eine untergeordnete Rolle“. Bei einer so großen Summe, so Stange, sei der Vermögensschaden „schwerwiegend“.
Daß es die PDS war, die hier den Schaden hatte, betonte Stange noch einmal. Die Transaktionen waren nach seinen Worten ohne Zustimmung der Parteiführung erfolgt. Allerdings, so sagt der Anklagevertreter, sei die Staatsanwaltschaft auch jederzeit darauf gefaßt gewesen, daß die Angeklagten plötzlich erklärt hätten, im Auftrag der Partei gehandelt zu haben. Mit anderen Worten: Dann wäre die Anklage wohl prompt umgewidmet worden — vom Untreue-Vorwurf gegen die drei in Verstoß gegen das Parteiengesetz durch die PDS selbst.
Als strafmildernd führte Stange an, daß Pohl, Langnitschke und Kaufmann bisher unbestraft seien. Auch sei der Schaden, wenn auch nicht durch die Mitwirkung der Angeklagten, rückgängig gemacht worden. Das Geld konnte dank des schnellen Handelns der Treuhand wiederbeschafft werden. Vor allem das späte, aber umfassende Geständnis müsse den Angeklagten zugute gehalten werden sowie die Tatsache, daß sich niemand von ihnen persönlich bereichern wollte. Sie waren nach Ansicht Stanges Überzeugungstäter. Nach Ansicht des Staatsanwaltes trifft Pohl der größte Teil der Schuld, da er als stellvertretender Parteivorsitzender die finanzielle Oberaufsicht gehabt habe. Dagegen sei Langnitschke als Untergebener zunächst nicht beteiligt gewesen. Und Kaufmann habe erst nach der Überweisung auf ein angebliches Putnik-Konto große Aktivitäten entfaltet. Ihn traf auch keine Treuepflicht wie die anderen beiden. Insofern sei er nur Teilnehmer an der Tat gewesen.
Die Pohl-Verteidiger Walter Venedey und Gerhard Jungfer forderten gestern Freispruch für ihren Mandanten.
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