Handelspartner China

■ Hauptursache für deutschen Exportrückgang ist nicht Boykott

Für China ist die Bundesrepublik einer der wichtigsten Exportmärkte. China ist Deutschlands größter Textillieferant außerhalb der EG. Zunehmend werden aber auch elektrische Geräte aus China importiert. Umgekehrt stagniert der Export bundesdeutscher Erzeugnisse nach China auf dem Niveau von drei Milliarden Mark pro Jahr, auf das die deutschen China- Ausfuhren von einst fünf Milliarden nach 1989 zurückgegangen waren. Das deutsche Handelsbilanz-Defizit gegenüber China betrug seit Anfang 1990 rund sechs Milliarden Mark. Erst seit dem Peking-Besuch von Wirtschaftsminister Möllemann im November steigen die deutschen China-Ausfuhren langsam wieder an. Für China ist Deutschland der fünftgrößte Außenhandelspartner — nach Hongkong, Japan, der EG und den USA.

Für den deutschen Exportrückgang (zwischen 1985 und 1990 um 45 Prozent) hat während Möllemanns Reise Heinrich Weiss vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) die „überlange politische Bestrafung“ für das Massaker verantwortlich gemacht. Allerdings hat die BRD die Wirtschaftssanktionen länger durchgehalten als z.B. Großbritannien. Die Hauptursache für den Exportrückgang liegt jedoch nach Analysen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nicht in Bonn, sondern in Peking. Seit 1988 setzte die chinesische Regierung auf eine drastische Sparpolitik: Insgesamt gingen daher die Wareneinfuhren nach China zurück. Im Ergebnis konnte die Volksrepublik Devisenreserven von 35 Mrd. Dollar aufhäufen. Dafür — so hoffen deutsche Industrielle — könnte China Maschinen und Technologie in der BRD einkaufen.

Nach Meinung des DIW-China- Experten Ernst Hagemann kann sich die deutsche Wirtschaft „zynisch gesprochen sogar freuen“, daß das Regime sich an der Macht hat halten können. Denn wäre China eine Marktwirtschaft, könnte es, so Hagemann, schnell eine Entwicklung nehmen wie einst Japan und heute Taiwan und Südkorea: Elektrogeräte, Textilien und auch Spielwaren würden in guter Qualität zu Niedrigstpreisen den Weltmarkt umkrempeln — zu Lasten nicht nur der deutschen Industrie. Für Hagemann ist das auch der wahre Grund, weshalb China — anders als das nicht unbedingt demokratischere Vietnam — nicht in das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen Gatt aufgenommen wird. Im Gatt ist der Zugang zu den Märkten weltweit geregelt. Die politische Stagnation schafft demnach der deutschen Industrie Zeit, sich auf neue fernöstliche Konkurrenz einzustellen. Daß China auf dem Weg zu einer Wirtschaftsmacht ist, zeigt auch die Veränderung der Ausfuhren: Heute exportiert China zu 80 Prozent Fertigwaren; vor zehn Jahren führte es überwiegend Agrarprodukte und Rohstoffe aus. Donata Riedel