Spanien plant neue Gespräche mit ETA

Konservative Nationalisten wollen Einigung mit Herri Batasuna/ Bevölkerung ist gegen die baskischen Seperatisten/ Rechte nutzen die Situation derweil zur eigenen Profilierung  ■ Aus Madrid Antje Bauer

Zwei Wochen ist es her, seit in der nordspanischen Stadt Santander ein Ehepaar von einer ETA-Autobombe getötet wurde. Trotzdem besteht in Spanien, zum ersten Mal seit Monaten, wieder Bereitschaft zu politischen Gesprächen mit den baskischen Seperatisten. Ausschlaggebend war ein Vermittlungsangebot der ETA-nahen Koalition „Herri Batasunas“ (HB) an die konservativ nationalistische Partei PNV, das diese annahm. Die PNV ist nicht nur stärkste Partei im Baskenland, wo sie zusammen mit den baskischen Sozialisten regiert, sondern auch Mehrheitsbeschaffer der Sozialisten in den Madrider Cortes — die ideale Stellung für einen Mittler. Die PNV hatte bereits in der Vergangenheit gefordert, Mitglieder von Herri Batasuna, die den bewaffneten Kampf der ETA aufgeben wollen und für die parlamentarische Beteiligung der Koalition sind, durch politische Einbindung zu stärken. Noch vor Jahren, als alle baskischen Parteien (außer Herri Batasuna) den Antiterrorismuspakt von Ajuria Enea unterzeichneten, stand die linksnationalistische Koalition im Abseits.

Die ETA hatte diesen Spaltungsversuch schon damals erkannt. Ein Teil von Herri Batasuna ist inzwischen der Ansicht, daß es notwendig sei, zunächst mit der PNV und (dessen nationalistischer Abspaltung) „Eusko Alkartasuna“ zu einer Übereinkunft zu gelangen. Erst danach solle mit „allen baskischen Parteien und der spanischen Regierung verhandelt werden“, hieß es in einem Rundschreiben der ETA-Führung vom Dezember. Dies lehnte die ETA-Führung im gleichen Schreiben als „Unterwerfung“ ab.

Ein Lockvogel für erste Gespräche zwischen PNV und Batasuna könnte die Änderung des Verlaufs der „Autobahn von Leitzaran“ sein. Sie soll durch das einzige noch unbesiedelte Tal des Baskenlands führen. Wiederholt hatte die ETA Anschläge auf die Bauarbeiten ausgeführt. Das Ansinnen der PNV, sich darüber mit HB zu verständigen, ist jedoch auf Widerstand gestoßen. Sowohl die baskischen Sozialisten, als auch die kleineren baskischen Parteien sind dagegen. Das ist ein Zeichen dafür, wie blockiert die Situation im Baskenland ist. Auch die Verlautbarungen aus Madrid sind doppeldeutig: Einerseits gab das Innenministerium der PNV grünes Licht für die Gespräche mit HB und für ein Einlenken in Sachen Autobahn. Andererseits wurde bekanntgegeben, die PNV dürfe ausschließlich über eine Waffenniederlegung durch die ETA verhandeln. Auch aus den Reihen der konservativen „Volkspartei“ PP, die zu den Verhandlungen zwischen Regierung und ETA 1989 in Algerien geschwiegen hatte, kommt heute deutliche Ablehnung. Die Rechten, die sich seit Jahren um politisches Profil bemühen, sehen hier eine Chance, Flagge zu zeigen. In der Bevölkerung hat die Stimmung inzwischen so stark gegen die ETA ausgeschlagen, daß es sich die Regierung nun leisten kann, Soldaten zum Schutz der bombenbedrohten Strecken des Hochgeschwindigkeitszugs nach Sevilla einzusetzen.

Immer mehr wird mit Rauchfahnen gearbeitet. Der im entfernten Santo Domingo lebende ETA-Führer Antxon habe sein Einverständnis zu Gesprächen gegeben, verlautet es aus dem Innenministerium. Es fehle nur noch eine Reaktion des Führers im französischen Baskenland, Pakito. Ob zur Zeit der Ausstieg aus dem bewaffneten Kampf verhandelt wird, zeigt sich, wenn überhaupt, in der Zukunft.