Südafrikas Wahlkampf wird heißer

■ Rechte Studenten sprengen de-Klerk-Kundgebung/ Mandela: Bei weißem „Nein“-Votum wird bewaffneter Kampf wieder aufgenommen/ Konservativ-faschistische Allianz soll Reformen stoppen

Johannesburg (ap/taz) — Mit Tränengas haben rechtsextreme Demonstranten eine Kundgebung des südafrikanischen Präsidenten Frederik de Klerk an der Universität von Bloemfontein gesprengt. De Klerk und seine Ehefrau Marike mußten nach dem Vorfall am Montag abend von ihren Leibwächtern in Sicherheit gebracht werden. Justizminister Kobie Coetsee wurde nach Polizeiangaben leicht verletzt und mußte ins Krankenhaus gebracht werden.

Die Demonstranten, zumeist Studenten, beschimpften de Klerk als Verräter an der weißen Bevölkerung Südafrikas. Einer von ihnen warf einen Tränengasbehälter in die Mensa der Universität, um de Klerk am Reden zu hindern. Nach Studentenangaben ist der Täter Mitglied der faschistischen „Afrikaner-Weerstandsbeweging“ (AWB). Als sich daraufhin de Klerks potentielle Zuhörer aus der überfüllten Mensa drängten, wurde Coetsee gegen eine Tür gedrückt und erhielt Prellungen am Arm und an der Brust.

Die südafrikanische Rechte, von der AWB über die nationalistische HNP bis zur „Konservativen Partei“ (KP), hat sich verbündet, um das von de Klerk geplante Referendum zu Fall zu bringen, bei dem am 17. März über eine Fortsetzung der Reformpolitik in Südafrika entschieden werden soll. Selbst de Klerks Vorgänger als Staatschef, P.W. Botha, hat sich dafür ausgesprochen, „Nein“ zu den Reformen zu stimmen. Doch während die Mannschaft des Präsidenten mit Millionenaufwand in den Wahlkampf startete, kommen die Rechten nur langsam in Schwung.

Erstmals waren am Samstag auf dem Church Square der Hauptstadt Pretoria die verschiedenen rassistischen Splittergruppen und die Konservative Partei unter Führung des 72jährigen Andries Treurnicht gemeinsam aufgetreten. Aber nur 3.000 Zuhörer kamen. Typisch der Auftritt von Eugene Terreblanche und seinen Mannen von der AWB: Zu Pferde mit Khakiuniformen und breitkrempigen Hüten wollten sie nostalgische Erinnerungen an die burischen Guerillakrieger wecken, die vor 100 Jahren gegen britische Kolonialarmeen am Kap kämpften. Aber Terreblanches Rappen geriet auf Pretorias Asphalt ins Rutschen, er selbst ins Fallen und schließlich landete der AWB-Führer vor versammeltem Publikum auf dem Hintern.

Sowenig zeitgemäß Terreblanches Auftritt wirkte, so sehr versucht der konservative Oppositionsführer Andries Treurnicht — Spitzname: Dr. No — sein „Nein“ zur Fortsetzung des Reformprozesses mit aktuellen Entwicklungen zu rechtfertigen: „Wir wollen nicht zurück zur Apartheid, wir wollen unser Selbstbestimmungsrecht für die Weißen. So wie in Jugoslawien die Völker Souveräntität verlangen und so wie es in der ehemaligen Sowjetunion geschehen ist.“ Unwillkürlich spielt Treurnicht mit dieser Forderung der Regierungspropaganda in die Hände. Denn schließlich herrschen in Ex-Jugoslawien und einigen ehemaligen sowjetischen Republiken Krieg und nicht umsonst heißt es im Wahlkampf der südafrikanischen Minderheitsregierung: „Wenn das Nein gewinnt, haben wir hier bald Zustände wie in Beirut.“

Doch das Spiel mit der Furcht beherrschen auch Südafrikas weiße Rechtsradikale. „Das Referendum ist keine Entscheidung zwischen der Regierung und den Konservativen“, brüllt Eugene Terre Blanche in bester demagogischer Manier ins Mikrophon, „es ist eine Entscheidung gegen eine kommunistische Regierung.“ Die Nationale Partei wolle die Regierungsgeschäfte an den ANC abgeben, der gemeinsame Sache mit Kommunisten mache. So verkehren sich die Welten. Der Antikommunismus war in den vergangenen Jahrzehnten eine der wichtigsten Waffen der Regierung. Er diente zur Rechtfertigung der Kriege gegen Angola und Mosambik und half über lange Zeit als Schreckgespenst bei der Abwehr von Veränderungen.

Der ANC selbst hat sich seit der Referendumsankündigung auffällig zurückgehalten. Erst jetzt, in einem Zeitungsinterview, erklärte ANC- Vorsitzender Nelson Mandela, bei einem Sieg der „Nein“-Stimmen würde der ANC sich zur Wiederaufnahme des bewaffneten Kampfes genötigt sehen. „Ich bin der Ansicht, daß die Kräfte des Friedens und des Fortschritts zu stark sind, um von den Kräften des Dunkels geschlagen zu werden“, sagte Mandela. Sollte jedoch die Mehrheit der Weißen dem Reformkurs die Zustimmung versagen, müsse der ANC „mit Bedauern“ zum bewaffneten Kampf zurückkehren. wige