Noch immer Geld aus Bonn für SDI

Bundesregierung fördert Unternehmen und Universitäten, die sich an der US-Weltraum-Rüstung beteiligen wollen/ Öffentlich behaupten Bonns Regierende jedoch beständig das Gegenteil  ■ Aus Bonn Andreas Zumach

Die Bundesregierung unterstützt weiterhin die Beteiligung deutscher Unternehmen an dem boden- und weltraumgestützten Raketenabwehrsystem (GPALS) der USA. Öffentlich äußert sie jedoch beständig Zweifel an diesem Weltraum-Rüstungsprogramm. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Gernot Erler hat jetzt schriftlich aus dem Bonner Wirtschaftsministerium erfahren, daß die Bundesregierung sich nach wie vor an eine — geheime — Vereinbarung zum Weltraum-Rüstungsprogramm SDI halten will, die vor sechs Jahren zwischen den Regierungen der USA und der Bundesrepublik abgeschlossen worden war.

Die Regierungsvereinbarung über die deutsche Beteiligung an der „Strategischen Verteidigungsinitiative“ (SDI) des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan wurde am 27. März 1986 gegen den Protest von SPD und Grünen vom damaligen Bundeswirtschaftsminister Martin Bangemann (FDP) in Washington unterzeichnet. Die beiden Oppositionsparteien kritisierten seinerzeit, das Parlament sei „übergangen worden“. Offizielle Begründung der US- Regierung für das SDI-Programm war damals die Bedrohung durch die strategischen Raketen der Sowjetunion. Die „vertragliche Grundlage“ für eine deutsche Beteiligung habe sich „durch die Neuorientierung des SDI-Programms zum GPALS-Programm nicht geändert“, schrieb der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Dieter von Würzen, jetzt an den SPD-Abgeordneten.

GPALS (Global Protection against limited strikes) ist der Name für ein Verbundsystem weltraumgestützter Kampfsatelliten mit landstationierten Abfangraketen, das so vor Raketenangriffen schützen soll, wie die US-Regierung das Programm heute beschreibt. „Deutschen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und anderen Stellen“ stehe es „frei, sich im Rahmen der bestehenden Regierungsvereinbarung und der geltenden Bestimmungen für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wehrtechnik um Aufträge aus dem amerikanischen SDI/GPALS-Forschungsprogramm zu bewerben“, schreibt der Wirtschafts-Staatssekretär weiter.

Die allgemeine Formulierung „andere Stellen“ stammt aus der geheimen Regierungsvereinbarung. Darunter können, so ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums alle nicht ausdrücklich aufgeführten Einrichtungen fallen — „zum Beispiel Universitäten“. Wenn derartige Einrichtungen oder auch die ausdrücklich erwähnten „Forschungseinrichtungen“ und „Unternehmen“ öffentliche Mittel erhalten, ist dies eine Unterstützung des GPALS- Programms aus dem Bonner Bundeshaushalt.

Wegen rüstungstechnischer Zweifel im Verteidigungsministerium, grundsätzlicher politischer Bedenken im Außenamt und der ohnehin angespannten Haushaltslage hat Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) eine schriftliche Bitte von US-Präsident George Bush bisher nicht beantwortet, für das GPALS- Programm erhebliche Finanzmittel bereitzustellen.

Laut Bundeswirtschaftsministerium sind bis zum Januar 1992 mit Washington vierzig Aufträge mit einem Gesamtvolumen von 88,5 Millionen US-Dollar „an deutsche Auftragnehmer“ vergeben worden. Über „einzelne Aufträge oder Teilprogramme“ könne die Bundesregierung aber „keine Auskunft erteilen“.