Marikke, die andere

■ Die Videokünstlerin als Malerin: Marikke Heinz-Hoek in der Galerie Vilsen

Wenn in Bremen „junge Positionen“ gezeigt werden, ist Marikke Heinz-Hoek oft dabei. Ihre Video-Installationen und Computer-Arbeiten fallen auf, auch weil sie neu und ungewohnt sind. Ihre konzeptuellen Ansätze sind überzeugend und witzig: Am Computer liebt sie besonders die Errors, die „wunderschönen Irrtümer“: „Ich drangsaliere den Apparat, bis er aufgibt und ganz tolle Sachen macht.“ Das ist Marikke I.

In der Galerie Vilsen hat dieser Tage Marikke II Gelegenheit, sich öffentlich zu präsentieren. Diese Marikke operiert weit entfernt von den Dimensionen des Bildschirms. Die größte ihrer Arbeiten braucht fast den gesamten Platz im Atelier. Marikke II malt großformatige Bilder, ach was malen, sie „bewältigt“ sie. Mit dem ganzen Körper. „Ich stell mich rein in die Bilder,“ sagt sie und kommt „dabei in Schweiß.“ Archaisches Werken.

Bilder wie eine Geschichte. Im Sinne von „schichten“. Teils lasierende, teils deckende Farbaufträge von Acryl lassen die Gitterstrukturen, Fensterausschnitte, Leitern oder Streifen der Vorgänger-Schichten durchscheinen. Die Farben sind erdnah, stumpf, wie alt. Am Ende werden die Bilder, gern mit Grau, „verschlossen“, zugesperrt für allzu indiskrete Betrachter. Die „Geschichte“ der Bilder läßt sich dann nur noch erahnen.

„Verbotene Stadt“ heißt die Ausstellung. Eine Metapher für „Innen“, ein Hinweis auf die persönliche Dimension der Bilder. Marikke Heinz-Hoek, die seit acht Jahren erstmals wieder Bilder ausstellt, möchte ihre „ganze Bandbreite“ zeigen: von ihren bekannten konzeptuellen Ansätzen bis zur ostfriesischen Seele. „Grau wie der Himmel über Ostfriesland“, so erklärt die Künstlerin aus Weener an der niederländischen Grenze (Jahrgang 44) ihre Vorliebe für die Unfarbe. „Die Farbe des Alltags, überhaupt nicht triste, Grau läßt anderes leuchten.“

Als Bürgermeisters-Töchterlein wurde sie von klein an gefördert, was die Kunst anging; die Eltern hoben jeden bekritzelten Kassenzettel auf. Als Beruf legt man ihr zwar Kunst, aber angewandte nahe: Sie studierte Mode an der Bremer Hochschule für Gestaltung und betrieb heimlich Graphik. Sieben Jahre war sie an einer Delmenhorster Schule, was in Nordrhein-Westfalen „Mikätzchen“ hieß: als ungelernte (Kunst-)Lehrerin im Angestelltenverhältnis. Ihre Zöglinge hießen z.B. Gabriele Konsor (Bremer Förderpreis '91) oder Harald Falkenhagen (“Forum junger Kunst“-Preis Stuttgart, Kunstfond-Stipendiat). 1972 erhielt Marikke Heinz-Hoek den Bremer Förderpreis. Seit 80 malt sie, seit 85 arbeitet sie mit Video.

Eine seltsame Künstlerin: Nie hatte sie Zweifel an der Kunst. Wo andere sich mit ihrer Kunst in den Tälern der Depression wälzen, muß sie feststellen: „Es ist mir ja unangenehm — aber ich quäle mich nicht mit der Kunst. Sie ist mir selbstverständlich.“ Selbstverständlich wie die beiden Marikkes. So weit sind sie nicht auseinander. Ob Acryl oder Video — es gibt eine Geschichte, es wird „addiert“, ein Bild wird vom nächsten verdrängt, ohne zu verschwinden. Was hier das Fenster, ist dort der Bildschirm. Und es gibt Bilder, die so amorph oder quergestreift erscheinen, daß sie nachdrücklich an den TV-Error an sich erinnern: die BILDSTÖRUNG. Bus

Galerie Vilsen, Hermann Böse Str.29, täglich geöffnet 10-13, 15-18 Uhr; bis 21.3.