GASTKOMMENTAR
: Der Bund der Profillosen

■ Kunick: verschlissen und stark

Wer realisiert die Bremer SPD? Ein Vierteljahr nach der Wahlkatastrophe zeigt die Scheintote noch immer keine Lebensregung. Der Spitenkandidat im Rathaus und das verbliebene Klaturenhäublein sind offensichtlich außerstande, mit politischen Vorwärtssignalen die Parteibasis aufzuwecken. Kein Senatsressort hat bislang ein Thema gefunden, das müde Wähler munter macht. Die stärkste Partei Bremens, die der Nichtwähler, wächst noch immer.

Auch die SPD-Fraktion, an der Spitze ausgebrannt und auf den Hinterbänken schaurig schlecht erneuert, ist es zufrieden, daß Politik in Bremen nicht mehr stattfindet. Es läuft vielmehr das alte Spielchen der Postenjägerei, diesmal in der Ampel-Version.

Wird Kunick oder Isola das ändern können? Isola möchte mit Reformatoren-Appeal der Mann sein, der unbelastet von Parteihypotheken die neuen Horizonte aufweist. In Wahrheit ist er mitverantwortlich dafür, daß nach der Wahl die Kritik-Kiste so schnell zugemacht worden ist. Der hat als amtierender Landeschef an der Spitze eines farblosen Landesvorstandes die Personaldebatte abgedreht, die Ilse Janz mit ihrem Rücktritt gerade erst begonnen hatte.

Für die Stabilisierung Wedemeiers und das dilettantische Aushandeln der Ampel-Koalition hat Isola als Landesvorsitzender gegengezeichnet. Während Wedemeier ganz auf die Ampel setzt, um politisch überhaupt zu überleben, hat Isola wohl an eine politische Erneuerung im Bündnis mit Grün geglaubt. Spätestens in Cuxhaven hätte er begreifen müssen, daß Grün die Farbe ausgegangen ist. Er setzt trotzdem auf Wedemeier.

Was sich jetzt mühsam über die Runden quält, ist die Folge dieses Bundes der Profillosen. Der läppische Versuch, über ein mandatloses Freiwilligenaufgebot die Partei zu erneuern, verrät viel von Isolas politischer Naivität.

Kunick ist altgedient und im Senat verschlissen worden, Wedemeier hat ihn schon lange vor der Wahl bedeutet, daß im neuen Senat kein Platz mehr für ihn sei. Paradoxerweise ist das die Stärke Kunicks. Die Aufstiegskämpfe liegen hinter ihm. Senator wird er niemals wieder. Mit Wedemeier ist er fertig, und grün betrachtet er mit Skepsis, für die es dicke Gründe gibt. Das Konrad Kunick Zivilcourage beweisen kann, hat er schon oft bewiesen. Und wenn es hart auf hart kommt, steht er aufrecht.

Vielmehr als Isola ist er imstande, die Partei auf Konfrontationskurs zu bringen, den sie dringend braucht. Und selbst wenn Koschnik und Grobecker die Fäden für Kunick spinnen, er ist kein Mann von gestern, weil das Kapitel für ihn abgeschlossen ist.

Gott sei's geklagt, daß Bremens SPD nichts Besseres als den alten braven Konrad hat.

Horst-Werner Franke, Senator i.R.