die Stadt und ihre Auswanderer

■ Kleiner Rückblick auf das weltoffene Bremen — von Diethelm Knauf

Tradtionell hatte die Hansestadt hervorragende Handelsbeziehungen zu Nordamerika, sie importierte Stapelwaren, Baumwolle und Tabak z.B. Aber die Schiffe fuhren leer nach Amerika, das war unwirtschaftlich. Auswanderer kamen da gerade recht. Sie finanzierten die ganze Passage vor und erlaubten es den Reedern so, günstige Frachttransporttarife anzubieten, was ein enormer Wettbewerbsvorteil im transatlantischen Handel war.

In den Jahren von 1832 bis 1850 wanderten etwa 360.000 Deutsche über die bremischen Häfen in die USA aus, von 1850 bis zur Jahrhundertwende etwa drei Millionen. Ab ca. 1880 registrierte man in Bremen zusätzlich eine Million durchreisender Ausländer, bis zum Ersten Weltkrieg ließen sich über drei Millionen Menschen aus Polen, dem Baltikum, aus Ungarn und vom Balkan an der Weser einschiffen; allein im Jahr 1913 war es eine Viertelmillion. Um 1900 wurden bis zu 600 Menschen am Tag durch Bremen geschleust. Wahrlich ein Potential für große Gewinnspannen.

Die Auswanderer fuhren im Zwischendeck der Handelsschiffe...

Für die Auswanderer wurde ein „Zwischendeck“ zwischen Laderaum und Oberdeck eingezogen, das für die Rückfahrt wieder abmontiert wurde, um größeren Frachtraum zu haben.

Die Transportbedingungen in diesem Zwischendeck waren nahezu unmenschlich. Mehrere hundert Menschen unter Deck, jede Koje mehrfachbelegt, in den Gängen das Gepäck gestapelt, hier fanden alle Verrichtungen statt: Kochen, Schlafen, Seekrankheit, Geburt und Tod, bei ungünstigem Wetter die Luken geschlossen und kein Ausgang aufs Oberdeck.

Früh schon war Bremen darum bemüht, sich einen guten Ruf im Auswandererwesen zu erwerben. Die ungünstigere geographische Lage gegenüber den Rheinmündungshäfen und Hamburg (keine direkte Flußverbindung zu den Hauptabwanderungsregionen, kein wirtschaftlich erschlossenes Hinterland) mußte kompensiert werden.

Bremen gründet das erste halbstaatliche Büro zum Schutze der Auswandrer

Bereits 1832 wurde die „Verordnung wegen der Auswanderer mit hiesigen und fremden Schiffen“ verabschiedet, die den Nachweis der Seetüchtigkeit der Schiffe, eine medizinische Versorgung an Bord und die Einführung von Passagierlisten festlegte und die Selbstversorgung der Passagiere abschaffte. Selbige hatte häufig zu Hunger und Not auf den Schiffen geführt, weil die Auswanderer zu wenig Nahrung mitgenommen hatten. Nunmehr mußte jeder Kapitän für Proviant für 90 Tage sorgen. Mit dieser Verordnung wurden die Zustände an Bord nun erträglicher.

Ab 1851 ging man auch gegen

unlautere Geschäftspraktiken von Wirten und Ladenbesitzern vor.

Auswanderer! Hütet Euch vor Taschendieben; vor Kartenspielern; vor Personen, die sich auf der Straße als Amerikareisende oder als Landsmann vorstellen und zum Trinken einladen und dann Geld wechseln wollen oder Euch auffordern, Geld in eine Handtasche, in ein Paket oder ein Briefkuvert zu legen und Euch diese in Aufbewahrung geben wollen; vor Personen, welche Euch auf der Straße oder in Wirtschaften Schiffskarten zu verkaufen suchen; vor Personen, welche angeben, Geld verloren zu haben und Euch auffordern, Euer Geld zu zeigen.

Ein halbstaatliches Nachweisungsbüro wurde gegründet, das den Auswanderern Informationen über günstige Unterbringungsmöglichkeiten, über die Reise und die neue Heimat zur Verfügung stellte und als Beschwerdestelle fungierte. Das Büro kontrollierte Preise und Standards und war zu seiner Zeit eine in Europa einmalige Institution.

In der frühen Zeit kamen die Menschen zu Fuß, mit Fuhrwerken und auf der Weser nach Bremen. Nach Bremerhaven wurden sie dann mit leichten Weserkähnen gebracht, auf dem offenen Deck, zusammen mit all dem Gepäck, bei jedem Wind und Wetter, eine Reise, die je nach Wind- und Flutverhältnissen schon drei Tage dauern konnte. Die Überfahrt mit den Segelschiffen nach New York oder Baltimore dauerte dann mindestens 4 bis 6 Wochen, meistens um die drei Monate, manchmal auch fünf. Die Dampfschiffe benötigten später für die gleiche Strecke 14 Tage. Segelschiffe konnten bis zu 700 Passagiere an Bord nehmen, die eigens für den Auswanderertransport konzipierten Dampfschiffe 3000.

Reedereien wie Lloyd und Hapag verdanken ihren Aufstieg auch dem Geschäft mit den Auswanderern

Selbst die großen Luxusdampfer, wie etwa 'Friedrich der Große' oder die 'Kronprinz Wilhelm' hatten für tausend Auswanderer Platz im Zwischendeck. Das mag verwundern, doch erst der Profit aus der Beförderung der Zwi