BUNSENBRENNER
: Alternde Fliegen

■ US-amerikanische Forscher streiten über das Altern

Bis heute ist sich die Fachwelt nicht einig darüber, warum alle Lebewesen, besonders Menschen, altern. Ein kalifornischer Wissenschaftler versuchte mit Fruchtfliegen dieses Geheimnis zu lüften. James Carey von der Universität Davis hatte über eine Million solcher Fliegen über drei Monate studiert. Das einzige, was ihn an seinen Versuchstieren interessierte, war deren Lebensdauer. Dabei hatten es ihm vor allem die wenigen Fliegen angetan, die über 100 Tage alt wurden — ein für sie biblisches Alter. Um dennoch statistisch relevante Aussagen über solche fliegenden Methusaleme zu erhalten, registrierte Carey Leben und Sterben von einer solchen Fliegenschar. Das erstaunliche Resultat seiner Studie: Das Risiko einer Fruchtfliege, das Zeitliche zu segnen, steigt zwar erwartungsgemäß im ersten Drittel ihres Lebens, nimmt dann aber Tag für Tag ab. Mit anderen Worten: Die Wahrscheinlichkeit am 50. Tag zu sterben, ist größer als etwa am 99. Tag. Diejenige Fliege, die es bis zum 50. Tag gebracht hat, kann also auf ein längeres Fliegendasein hoffen.

Carey ist nicht der einzige, der mit Fliegen Altersforschung betreibt. Die in der Fachwelt weit verbreitete These, die maximale Lebensdauer sei genetisch bestimmt, wollte James Curtsinger von der Universität Minnesota prüfen. Dazu studierte der Insektenkundler Taufliegen, die in 16 Gruppen von jeweils genetisch identischen Insekten eingeteilt waren. Würden die Gene das Höchstalter bestimmen, so müßten die Insekten einer Vergleichsgruppe alle ungefähr zur selben Zeit sterben. Das war aber nur in einer der 16 Gruppen der Fall.

Über die Frage, wie alt wir Menschen maximal werden können, ist in den USA kürzlich ein regelrechter Streit entbrannt: Mit 85 Jahren ist für James Fries von der Universität Stanford die menschliche Lebensuhr abgelaufen. „Greise in diesem Alter sterben an Schwäche und nicht an irgendeiner bestimmten Krankheit“, sagt der Rhematologe, „wie bei einem morschen Vorhang — flickt man ein Loch, reißt er an einer anderen Stelle.“

Seine Kontrahenten halten ihm entgegen, Altersschwäche sei ein Sammelbegriff für alle Krankheiten, die der modernen Medizin bis heute ein Rätsel sind. Gelänge es eines Tages, sie wirksam zu bekämpfen, könne jede/r weit über hundert Jahre alt werden. Ob der/ die einzelne das Leben in diesem Alter auch noch genießen kann, steht auf einem anderen Blatt. Wolfgang Blum