Ab in die Wurstfabrik

Nichtsahnend ging Frau Willeke Lerby am Mittwoch nachmittag in Belgien ans Telefon und fiel kurz darauf aus allen Wolken: „Es ist vorbei“, flüsterte ihr Gatte Sören am anderen Ende in die Leitung. Er werde am Donnerstag nach Hause kommen. So gerne habe er weitermachen wollen, aber die wollen ihn nicht mehr beim FC Bayern. Manager Uli Hoeneß habe ihn entlassen. Tatsächlich gab es für den ehemaligen dänischen Nationalspieler und Wurstfabrikanten keine Rettung mehr. Seine trübe Bilanz: 13 Punkte aus 15 Spielen. Das 0:4-Desaster in Kaiserslautern war schließlich der berühmte Tropfen. Danach beteuerte die Vereinsführung, Lerby dürfe bis zum Saisonende bleiben — ein allzeit sicheres Indiz für die baldige Entlassung. So überaschte der Sturz Lerbys nur die Bayernspieler, die sich jedoch schon seit geraumer Zeit vom Hier und Jetzt losgemacht haben. „Das ist ein Hammer“, fand Roland Grahammer: „Mit allem hätte ich gerechnet, nur damit nicht.“ Ähnlich verblüfft gab sich Olaf Thon: „Ich bin erstaunt, daß der Wechsel genau vor den kommenden wichtigen Spielen passiert. Aber vielleicht ist es gerade deshalb gemacht worden“, folgerte der Ex-Nationalspieler mit großer Raffinesse und fügte Sherlock-Holmes-artig hinzu: „Irgendwas stimmte nicht.“ Er hofft nun inbrünstig, daß der Trainerwechsel „ein Zeichen für den Aufschwung setzt“. Zum neuen Messias der Bayern wurde—auf des Kaisers Empfehlung hin—Erich Ribbeck (54) ernannt, der den FC vor dem drohenden Sturz in den Bundesliga-Abstiegskampf erretten soll. Bereits im Schicksalsspiel am Samstag gegen den Hamburger SV soll er das große Wort führen. Ribbeck, der bei Viktoria Köln und dem Wuppertaler SV gespielt hat, ist im Gegensatz zu Lerby im Trainerdasein erfahren. 1986 coachte er Eintracht Frankfurt, wechselte 1973 für fünf Jahre nach Kaiserslautern und wurde anschließelnd Assistent von Bundestrainer Jupp Derwall. Als Derwall nach der EM-Pleite 1984 zurücktrat, betreute Ribbeck die DFB-Olympia-Auswahl in Los Angeles. Danach stieg er bei Borussia Dortmund ein, ehe er 1985 Leverkusen übernahm und dessen Mannschaft 1988 zum UEFA-Cup-Sieg führte. Nach einer „Auszeit“ als Privatier wurde Ribbeck Sportmanager beim Hauptsponsor des FC Bayern, der ihn nun nur allzugerne gehen ließ, um das Image des kostspieligen Werbeträgers aufzupolieren. miß/Foto: Bongarts