Uranschieber im Blickfeld

■ Filmbericht über Moskauer Handel mit Uran

Paris (taz) — Beim Ausverkauf der Sowjetunion ist für Geld alles zu haben, Wissen, Waffen, Bomben, Uran und ein Filmbericht über illegale Geschäfte. Für 500 US-Dollar ließ ein junger russischer Börsenmakler zwei Journalisten des französischen Fernsehens mit versteckter Kamera ein Urangeschäft filmen. Käufer ist ein Anwalt, der für eine österreichische Import-Export-Firma arbeitet, Verkäufer ein tschetschenischer Mafiachef. Die drei Händler treffen sich Ende Januar in einer extra angemieteten Wohnung in einem Moskauer Vorort, um den Vertrag abzuschließen. Sie einigen sich, das Uran als nicht eisenhaltiges Metall zu erklären. Eingeschweißt in einen unauffälligen Container soll es in Königsberg, in der Nähe des Hafens, übergeben werden.

Der Käufer malt sich sein Risiko aus: „Und wenn die Ware vom Zoll entdeckt wird?“ Doch er beruhigt sich wieder: „Alle Zöllner in diesem Land sind bestechlich.“ Der Verkäufer soll sein Geld erst von einer Bank abholen können, nachdem die Ware im Ausland geprüft wurde. Die Kaufsumme: 500.000 US-Dollar. Nach Auskunft russischer Atomspezialisten könnte das dem Marktwert von einem Kilogramm Uran entsprechen, das zu 87 Prozent angereichert ist.

„Wir konnten weder die Qualität noch die Quantität der Ware prüfen“, betonen die Journalisten. Sie vergewisserten sich jedoch über den Namen der österreichischen Firma — den sie zum Schutz ihres Informanten nicht nennen wollten— sowie über russische Atomspezialisten, daß sie kein für sie inszeniertes Theater gefilmt haben. Alexej Arbatow, der am russischen Weltwirtschaftsinstitut für Abrüstung verantwortlich ist, erklärte sich über die chaotischen Zustände in der GUS besorgt: „Wir haben keine offizielle Information über die Menge von Uranium und Plutonium, über die wir verfügen, wo die Vorräte gelagert sind und ob sie gut überwacht werden.“ Erschreckend sei, daß auch der russische Präsident Jelzin darüber nichts wisse. Bettina Kaps