Berühren erlaubt!

■ Lehrlinge & KundInnen bleiben weg: Was tun FriseurInnen fürs Image der Branche?

Peter Ströbl ist Fachbereichsleiter der Friseurinnung Bremen: Er muß die FriseurInnen auf den neuesten Stand der Frisurenmode bringen. Ströbl nimmt das ernst: In den Modezentren Paris und London informiert er sich persönlich über neueste Trends und Haarschneidetechniken. Die bringt er dann bei Modepräsentationen, Wettbewerben und Fortbildungsveranstaltungen an die GesellInnen und MeisterInnen der Branche. Wie kann man KundInnen locken und Lehrlinge motivieren? Letzte Woche gab es in Vegesack eine Modepräsentation, auf der Peter Ströbl als Moderator vorstellte, wie frau/mann top gestylt und „formvollendet“ in den Frühling ziehen kann. Das überraschende Motto der Friseurbranche zum Frühling: feminin für die Damen — ja: und maskulin für den Herrn. Die taz sprach mit Peter Ströbl über Ein- und Aussichten zur Attraktivität der Branche.

taz: Herr Ströbl, wie ist die Situation im Friseurhandwerk?

Peter Ströbl: Das deutsche Friseurhandwerk steckt im Moment ein bißchen in der Krise. Der Friseur hat ein negatives Image, so nach dem Motto 'ach, du bist ja nur Friseuse'. Das macht sich auch in sinkenden Ausbildungszahlen bemerkbar. Weiterhin stagnieren die Kundenzahlen seit längerer Zeit.

Was haben denn die Friseure selbst zu der Krise beigetragen?

Auch wenn das viele Kollegen nicht gerne hören: Zu viele unter ihnen sind nicht bereit, sich fortzubilden, auch mal neue Techniken auszuprobieren. Es gibt eine Vielzahl gute, aber noch mehr schlechte Friseure! In solchen Betrieben kommt es leider auch immer wieder vor, daß dort die Auszubildenden auch kaum was lernen. Es ist also kein Einzelfall, daß ein Lehrling zwei Jahre nur fegt oder wäscht und nicht an's Haareschneiden rangelassen wird. Das führt dann auch zu einer relativ hohen Abbrecherquote. Außerdem stellen sich viele Betriebe nicht genügend auf die geänderten Bedürfnisse des heutigen Friseurkunden ein.

Welche Bedürfnisse?

Der heutige Kunde möchte zunächst einmal ausreichend beraten werden, man sollte jeden Schritt vorher erklären, bevor man ihn an dem Kunden ausführt. Hinzu kommt noch, daß mit einem Friseurbesuch heute mehr verbunden wird als das Haareschneiden!

Können Sie das mal ein bißchen erklären?

Der/die heutige Kundin kommt abgespannt von der Arbeit zum Friseur. Dann müßte man erstmal mit der nötigen Ruhe auf den Kunden einwirken, dh. jede laute Betriebsamkeit vermeiden. Damit das Haareschneiden zum rundum entspannenden Erlebnis wird, kann man zunächst mit einer Nacken- und Kopfmassage beginnen, vorzugsweise die japanische Klopfmassage. Dann kann man dem Kunden zur Entspannung auch noch Kompressen mit einem erfrischenden Eau de Toilette auf Nacken und Gesicht legen. Des weiteren möchte der heutige Kunde sich auch über tagespolitische Themen mit seinem Friseur unterhalten, auch hier stellen sich neue Ansprüche an den Friseur.

Was haben Sie denn von all dem in Ihrem Geschäft verwirklicht?

Bei uns werden die Kunden vor der Haarwäsche leicht massiert.

Mit Klopfmassage?

Jaa — bei Bedarf auch... Auch die Kompressen wenden wir an. Wir wollen unseren Kunden das Gefühl vermitteln, daß sie noch was drum herum erlebt haben, der Gourmet-Friseur sozusagen: Hier hat man was für dich getan, für Herz und Seele. Aber auch daß man die Kundin während des Beratungsgesprächs leicht berührt, dieses „allow to touch“, gehört dazu. cesch