Fischer unterbricht Plutoniumkreislauf

Frankfurt/Main (taz) — Der hessische Umweltminister Joschka Fischer will der Weltfirma Siemens ans Hanauer „Eingemachte“ gehen: Mit der Ankündigung, den Sofortvollzug für die abschließende Teilgenehmigung für den Neubau einer Produktionsanlage für Mischoxid-(MOX)- Brennelemente in Hanau zunächst auszusetzen und danach ganz aufzuheben, hat Fischer gestern die nächste Runde im Kampf gegen die Plutoniumwirtschaft eingeläutet. Der Grüne beruft sich dabei auf Zwischenergebnisse aus zwei Gutachten. Die mit der Überprüfung der Akten befaßten Experten hätten zweifelsfrei festgestellt, daß ein „Originalunterlagensatz“ für die Durchführung der atomrechtlichen Aufsicht über die Anlage vollständig fehle. Bei den vorhandenen Akten seien insgesamt 150 Abweichungen zwischen den Aktensätzen, die im Ministerium lagerten, und denen, die bei Siemens „zwischengelagert“ wurden, festgestellt worden. Weiter hätten die Gutachter moniert, daß die beanstandete fünfte Teilgenehmigung „nicht ausreichend schriftlich erlassen und begründet“ worden sei. Die Genehmigungsbehörde unter dem Ex-Umweltminister Weimar (CDU) habe es auch verabsäumt, „sicherheitstechnisch bedeutsame Unterlagen“ zu prüfen. Fischer: „Aus all diesen Gründen bestehen gravierende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Teilgenehmigung. Hinzu kommt, daß nach derzeitigem Kenntnisstand die erforderliche Beteiligung der immissionsschutzrechtlich zuständigen Behörde unterblieben ist.“

Wie Fischer weiter mitteilte, führe die Aussetzung des Sofortvollzugs die umgehende Einstellung aller Bauarbeiten an der Siemens-Neuanlage zur MOX-Produktion. Da in der Altanlage (Ex-Alkem) laut Weisung von Bundesumweltminister Töpfer nur noch die im Produktionsbereich lagernden Spaltstoffgebinde „abgearbeitet“ werden können, dürfte dann der sogenannte Plutoniumkreislauf an seiner empfindlichsten Stelle zumindest temporär — nach dem Willen der hessischen Landesregierung auf Dauer — unterbrochen sein. Joschka Fischer hat inzwischen den Bundesumweltminister von der beabsichtigten Aussetzung des Sofortvollzugs und die anschließend vorgesehene generelle Aufhebung der Genehmigung unterrichtet. Sollte Töpfer bis zum 24. März keine Einwände geltend machen, so Fischer, werde er wie angekündigt verfahren. Die Firma Siemens wurde für den kommenden Donnerstag zur „Anhörung“ nach Wiesbaden geladen. kpk