Nie wieder im Supermarkt verirren

Auf der Hannover-Messe CeBIT präsentiert ein amerikanischer Hersteller einen computergesteuerten Einkaufswagen/ Neben dem Kundenservice dient der Bildschirm an der Stange auch zur Werbung  ■ Aus Hannover Frank Holzkamp

Samstag mittag, kurz vor Geschäftsschluß. Noch rasch einkaufen... Das Nudelregal ist schnell gefunden, ah, da sind ja auch die Vollkornspaghetti. Einen Gang weiter ist zwar ein Riesengedränge, aber die Milch ist noch nicht ausverkauft. Jetzt bloß noch Katzenfutter.

Aber wo sich sonst die Dosen mit den Konterfeis glücklicher Stubentiger stapeln, sind jetzt Windeln aufgehäuft. Und eine hilfreiche Verkäuferin ist in dem Ansturm kurz vor Feierabend auch nicht auszumachen. — Nie mehr im Supermarkt verirren — das verspricht der auf der CeBIT- Computermesse vorgestellte Video- Einkaufswagen des US-amerikanischen Herstellers John Malec. In 200 Supermärkten der USA ist der „Video-Cart“ schon im Einsatz. Ein flacher Bildschirm im DIN-A4-Format, montiert an der Stange des Einkaufswagens, soll der ultimative Wegweiser durch das Warenwirrwarr der Supermärkte werden. Auf dem Monitor kann sich die Kundschaft neben einem Inhaltsverzeichnis der erhältlichen Waren auch gleich noch deren Standort im Labyrinth der Regale anzeigen lassen. „Video-Cart“ würde also prompt melden, daß das Katzenfutter jetzt neben dem Waschmittel steht, auf dem Monitor erschiene ein Plan mit dem kürzesten Weg dorthin.

Die aufwendige Technik soll allerdings nicht nur der Kundschaft als Einkaufshilfe dienen. Sensoren an der Decke des Supermarktes registrieren penibel Standort und Bewegung des computergestützen Einkaufswagens.

Nähert sich die KundIn dem Regal mit Limonade, fährt „Video-Cart“ einen Werbespot für eine bestimmte Cola-Sorte ab — der flache Monitor ist in den USA ein wichtiger Werbeträger, im wahrsten Sinne des Wortes am „point of sale“. Fällt trotz des Spots keine Entscheidung für eine der klebrigen Brausen, bietet „Video-Cart“ eine graphisch gestaltete Übersicht der Sonderangebote im Limonadenregal.

Aber auch Einkaufsvorschläge kommen per Knopfdruck, etwa wenn es um ein Geschenk zum Kindergeburtstag geht, fein säuberlich nach „boys“ und girls“ getrennt. Mag die Kaufentscheidung von den Videomessages auch unbeeinflußt bleiben — ungewollt geben die KundInnen Informationen über ihr Konsumverhalten an den Rechner weiter. Denn „Video-Cart“ zeichnet den genauen Weg des Einkaufswagens durch die Regalfluchten auf, die Daten landen im Computer der Filialleitung. Die kann dann planen, welche Ware wo am besten plaziert ist, um maximale Umsätze zu erzielen.

Nicht umsonst sind bereits jetzt Süßigkeiten in kindgerechter Höhe neben den Kassen plaziert, viele entnervte Eltern geben früher oder später dem quengelnden Verlangen ihrer Sprößlinge nach. Das System ist noch dazu für die US-Supermärkte kostenlos, die Betreibergesellschaft verdient an den verkauften „Video- Cart“-Werbespots. Über einen Vertrieb in der Bundesrepublik denkt bereits eine deutsche Computerfirma nach, „sobald sich ein echter Bedarf zeigt“, so ein Firmenvertreter am CeBIT-Stand.

Auch beim Weg aus dem Supermarkt hinaus erfüllt die „Video- Cart“ noch einen Zweck. Zum Zeitvertreib während des Schlangestehens an der Kasse sind per Datenfunk aktuelle „Sport News“ aufrufbar, und natürlich — der flache Graphikbildschirm ist wie dafür gemacht — Computerspiele.