Birmas Widerstand hart bedrängt

■ Juntatruppen rücken auf Sitz der Gegenregierung vor/ Malaysia kritisiert Vertreibung der Moslems

Berlin (taz) — Der kleine Ort Manerplaw, Symbol des Widerstands gegen das birmesische Militärregime, steht in akuter Gefahr, von den Regierungstruppen erobert zu werden. Am Wochenende soll der strategisch wichtige „Sleeping Dog Mountain“ in die Hände der Juntasoldaten gefallen sein. Der Paß kontrolliert den Zugang zum sechs Kilometer entfernten Hauptquartier der rebelliereden Karen-Minderheit und Sitz der Gegenregierung. Diese hatte sich dort vor einem Jahr konstituiert, nachdem die Junta sich weigerte, die Macht an die Opposition abzutreten, die bei den Wahlen vom Mai 1990 über 80 Prozent der Stimmen errang.

Die Militärjunta bombardiert die Gegend um Manerplaw, das an der Grenze zu Thailand liegt, seit Wochen. Dabei sollen Regierungssoldaten und Kampfflieger auch mehrfach in thailändisches Territorium vorgedrungen sein, was zu Protesten von seiten Bangkoks führte. Bis zum „Tag der Armee“ am 27. März will die birmesische Militärjunta Manerplaw eingenommen haben. Sie braucht diesen Erfolg, heißt es in der Hauptstadt Rangoon, angesichts zunehmender Spannungen innerhalb des Militärs. Wenige tausend bewaffnete Kämpfer der Karen — eine von etwa einem Dutzend Volksgruppen, die für eine Autonomie kämpfen — und einige oppositionelle Studenten versuchen, die Offensive abzuwehren. Ihr Ziel ist es, bis zum Beginn der Regenzeit im Mai durchzuhalten. Danach, bis zum Jahresende, ist es weitgehend unmöglich, weiter zu kämpfen.

Im Gegensatz zu den Karen hat die Junta jedoch keinen Mangel an Ressourcen. Mit dem Verkauf von Holzschlagskonzessionen an Thailand und durch den Drogenhandel konnte sie im vergangenen Jahr Waffen für über eine Milliarde US-Dollar einkaufen. Die Waffen für ihre auf über 300.000 Mann geschätzte Armee kamen vor allem aus China, aber auch aus Singapur, Polen, Pakistan und Jugoslawien.

Bislang zeigten sich die asiatischen Nachbarn Birmas — anders als die EG und USA — nicht gewillt, die Junta zu kritisieren. Insbesondere das thailändische Militär, das an den lukrativen Holzschlagkonzessionen beteiligt ist, hegte kein Interesse an einem Regierungswechsel in Rangoon. „Konstruktive Zusammenarbeit“ heißt die Parole in der Region. Jüngste Äußerungen aus Japan und Malaysia weisen jedoch darauf hin, daß sich ein Wandel ihrer Haltung ankündigen könnte.

Die malaysische Regierung zitierte Anfang März den birmesischen Botschafter in Kuala Lumpur ins Außenministerium und verlangte die „sofortige Einstellung der Unterdrückung“ der moslemischen Rohingyas in Birma. Seit Jahresbeginn sind rund 170.000 Mitglieder dieser birmesischen Minderheit ins benachbarte Bangladesch geflohen. Die Regierung in Rangoon bezeichnet die seit Jahrhunderten in der Grenzregion Arakan angesiedelten Rohingyas als „illegale Einwanderer“. Malaysia, dessen malayischer Bevölkerungsanteil moslemisch ist, ist angesichts der Massenflucht der birmesischen Moslems auch schon bei anderen islamischen Staaten und der UNO vorstellig geworden.

Die UNO-Flüchtlingsorganisation UNHCR hat unterdessen 20 Millionen US-Dollar für ein Hilfsprogramm zugunsten der Rohingyas in Bangladesch angekündigt. Die Zustände in den Auffanglagern werden immer unhaltbarer. Der UNHCR warnte vor katastrophalen Folgen auch für Bangladesch, wenn es nicht gelingen sollte, die Fluchtbewegung zu stoppen. Jutta Lietsch