PRESS-SCHLAG
: Rene back in ring

■ Das Comeback von Boxer Rene Weller

Die Medien haben Schuld. Während sie sich für vergleichende Sportarten, deren Betonung allerdings auf Sport liegt, Ringen etwa, einen alten Scheiß interessieren, haben sie den Boxsport von jeher mythologisiert und aus dessen Protagonisten fast zwanghaft Übermenschen gemacht, sagenumwobene Saubermänner, die mittels linker und rechter Gerade alles konnten: Massen befriedigen, Klassen rechtfertigen und sogar Systeme erklären. Den Boxer Ali haben sie so lange zum „Größten“ bestätigt, bis der glaubte, auch als Greis noch superhuman zu sein, und sich die Birne irreparabel weichklopfen ließ. Dem Boxer Tyson haben sie so lange eingeredet, ihm liege die Welt zu Füßen, bis der glaubte, das schließe auch seine Verfügbarkeit über sämtliche Frauen und deren Geschlechtsteile ein.

Auch den Boxer Rene Weller haben die Medien stets mit größter Aufmerksamkeit verfolgt. Nicht, weil der besonders gut geboxt hätte, auch nicht, weil der sonst irgend was Besonderes gewesen wäre, sondern schlicht und einfach, weil der boxte. Der Boxer Weller hat das stets genossen, denn er hat immer gerne (von sich) erzählt, und da war es schön, wenn einer zuhörte.

Und weil er sich für besonders witzig hielt, und die Medien, die jeden für besonders witzig halten, der bis drei zählen kann, ohne sich zu verhaspeln, das auch taten, war alles in bester Ordnung. Jetzt verdient er zwar weiter fleißig Kohle mit seinen Sportausrüstungen, doch irgendwie war's nicht mehr das.

Also stieg der Pforzheimer Leichtgewichtler, inzwischen 38jährig, am vergangenen Freitag im österreichischen Hornstein nach vier Jahren Ruhestand wieder in den Ring. Gegner war ein obskurer Mexikaner namens Gino de Leon, der denn auch in der dritten Runde so etwas wie k.o. ging. Freiwillig, so Rene Weller, habe der sich aber ganz bestimmt nicht hingelegt, das Ganze sei vielmehr „sehr seriös“ und folgendermaßen abgelaufen: „Ich habe ihn hingestellt für den richtigen Schlag genau aufs Kinn.“

Prima gemacht, Rene, selbst wenn dies der erste Kampf jenes Mexikaners überhaupt gewesen sein sollte! Weller ist das eh Wurst: „Ich informier' mich nie groß über meine Gegner, man muß sich im Ring drauf einstellen.“ Überhaupt, zu richtig alter Form lief der Kalauer- und Zotenmeister — manche halten ihn gar für einen Ex-Weltmeister — wie in guten alten Tagen eh erst nach dem Schlußgong auf: „Ich konnte nach meinem christlichen Slogan boxen: Geben ist seliger als Nehmen.“ Treffer! „Wenn ich hundert Gramm esse, kann ich kein Kilo zunehmen.“ Treffer! „Ich hab' meine Börse gar nicht mitgenommmen, vor lauter Spaß, den ich hatte.“ Treffer! „Jeder hat das Recht, mit seiner Gesundheit zu tun, was er möchte.“ Volltreffer!

Aber mal ganz im Ernst: Der wahre Grund für das Comeback des fragwürdigerweise oft als „Schöner Rene“ verkannten: „Ich hab' gemerkt, daß das Boxen schlechter geworden ist. Die Leute haben zu mir gesagt: Rene, seit du nicht mehr da bist, ist überhaupt nichts mehr los.“

Zurück in die Zukunft also, und nicht auf blöde Spielverderber hören wie den Erlanger Radiologen Bruno Holik, der Weller untersucht hatte und zu der Erkenntnis gelangte: „Er sollte glücklich sein, daß er keine Folgeschäden erlitten hat.“ Schließlich hat sich Rene schon mehr als 400mal geprügelt. Auch wenn er stets vorsichtig war, sich gut ernährt hat, keinen Alkohol trinkt. Holik weiß: Das geht an die Substanz.

Für Rene Weller zählt aber nicht die Substanz, sondern die Europameisterschaft, denn die soll es noch mal sein. „Ich fühl' mich besser denn je“, großmault er, „keiner trainiert so viel und so leicht wie ich.“

Daß er im Prinzip nur deshalb wieder boxt, um für seine sechs boxenden Schützlinge ein erfolgversprechendes Ambiente, sprich eine volle Halle zu bereiten, wäre eine allzu nüchterne und ganz und gar nicht mythische Sicht der Dinge. Es würde außerdem bedeuten, daß der das Ganze nur inszeniert, um über nichtssagende und unbedeutende Zeitungsartikel etwas Publicity zu bekommen. Und das hieße nichts anderes, als daß die Medien, die darauf reinfallen, Schuld auf sich laden!

So oder so, am 10. April will Weller wieder in den Ring, in der Wiener Neustadt diesmal, Gegner noch unbekannt und eh unrelevant, Börse egal. Was zählt, ist des Spaßvogels Motto: „Rechne mit dem Schlimmsten!“

Mehr Artikel über Rene Weller? Peter Unfried