Nahziel Paarbildung

■ „My favorite wife“, eine Screwball-Comedy von 1940 wieder im Kino

Beim Baseball schwirrt ein „Screwball“ mit Effekt und hohem Bogen aus dem Spielfeld. „Screwball“ nennt der englischsprachige Raum Exzentriker, Spinner, Wirrköpfe. „Screwball-comedies“ sind jene amerikanischen Komödien der dreißiger und vierziger Jahre, in denen Mann und Frau in der Nähe des anderen Geschlechts beschleunigt trudeln. Auf den ersten Blick unterhaltsame Sonntagnachmittagskost — vielleicht kommen Screwballs deshalb auch gelegentlich wieder ins Kino.

My favorite wife (Regie: Garson Kanin, 1940) erzählt, wie aus einem ganz normalen Ehepaar wieder ein ganz normales Ehepaar wird. Die selbstbewußte Ellen (Irene Dunne) ist mit dem trotteligen Neurotiker Nick (Cary Grant) verheiratet. Bei einer Forschungsreise strandet sie auf einer halbwegs einsamen Insel und lebt dort sieben Jahre mit dem tarzangleichen Stephen (Randolph Scott). Die Filmhandlung beginnt, als die Verschollene wieder auftaucht — just als der daheimgebliebene Ehemann seine Angetraute für tot erklären läßt.

Nick will Bianca (Gail Patrick) heiraten, und Ellen will Nick zurückhaben. Damit die Ehe wieder eine wird, müssen Verstrickungen entwirrt, Schwindeleien enttarnt und vielfältige Hindernisse gemeistert werden. Dynamisch stürzen alle Beteiligten in rasant montierte, witzig- kratzbürstige Wortgefechte und groteske Situationen. Dennoch geht es nie um den Irr-Sinn der Liebe, sondern in weichem Schwarzweiß um das Nahziel Paarbildung.

Während Nick auch an Bianca denkt, kämpft Ellen mit den „Waffen der Frau“ um ihren Mann. Sie lockt geistreich und strategisch virtuos und verweigert zugleich. Wie ihre Screwball-Kolleginnen Katherine Hepburn, Jean Arthur, Carole Lombard, Claudette Colbert drapiert sie sich auf Sofas, klimpert mit Wimpern und huscht im Nachthemd durchs Bild. Erotik wird, dem „Production Code“ ein Schnippchen schlagend, geschickt in die Bilder gewebt. Voyeuristisch fällt der Kamerablick durch Fenster, Türrahmen und undefinierbare Öffnungen. Zweideutige Dialoge verweisen immer wieder auf die abwesende Sexualität. Am Swimmingpool verführt der muskulöse Inselfreund im Badeslip zu Spekulationen.

Während die Erotik der Screwball-Heldinnen im verborgenen glimmt, agiert sie selbst als patente Kameradin. Sie ist nicht schön, auch nicht sexy oder freizügig wie ihre filmischen Vorgängerinnen Garbo, Harlow oder Dietrich. Sie ist hübsch (Typ „pretty housewife“), selbstbewußt und hat die Zügel fest in der Hand. Und doch weiß die Widerspenstige mit ihrem Leben nichts Besseres anzufangen, als sich zähmen zu lassen. Um normengerecht als Ehefrau eines tolpatschigen, dümmlichen Helden zu enden.

Wenn es gelingt, zu sehen, ohne nachzudenken, ist das Screwball- Vergnügen ungetrübt. Beschwingt und unbeschwert wird auf einem konservativen Frauenbild bestanden und dem weiblichen Geschlecht schlußendlich der Platz im Heim am Herd reserviert. Die Botschaft von My favorite wife ist jedenfalls einfach: In unehelichem Zustand dürfen sich Mann und Frau begrenzt austoben und Spaß haben, ohne daß Normen und Konventionen je ernsthaft verletzt werden. Bevor das alltägliche Eheleben in die Bilder rücken kann, beginnt jedoch der Abspann. Michaela Lechner

Garson Kanin: My favorite wife. Mit Cary Grant, Irene Dunne, Randolph Scott. USA 1940, Schwarzweiß, 88 Minuten. Neben My favorite wife kommt ebenfalls die Screwball-Comedy The Awful Truth (Regie: Leo McCarey, mit Irene Dunne und Cary Grant) ins Kino.