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Der böse Geist von Key Biscayne

■ Boris Becker ist wie immer beim Tennisturnier in Key Biscayne frühzeitig ausgeschieden, mit ihm schieden Carl-Uwe Steeb, Markus Zoecke und Barbara Rittner — Nur Steffi Graf hielt es in Florida

Key Biscayne (dpa/taz) — Key Biscayne bleibt für Cosmopolit Boris Becker weiter ein ungeheurer Ort. Zwanghaft treibt es den Weltranglisten-Dritten immer wieder dorthin, nur, damit er, aufs neue enttäuscht, überstürzt wieder abreist. Immerhin war er dieses Jahr erstmals und unter großen Mühen ins Achtelfinale vorgestoßen. Mit Alberto Mancini lauerte dort ein Gegner, den Becker an jedem anderen Ort der Welt nicht zu fürchten brauchte. Außer in Key Biscayne. „Ich habe nicht geglaubt, daß er so gut spielt“, klagte Becker beim Kofferpacken. Im ersten Satz hielt sich Mancini noch bedeckt und ließ Becker 6:4 gewinnen. „Als ich im zweiten Satz schlecht aufschlug, hat er die zweite Luft bekommen und wurde immer besser“, schilderte Becker die Wende. Der dreimalige Wimbledon-Sieger machte fortan immer mehr leichte Fehler und setzte den dritten Matchball des Südamerikaners schließlich ins Netz. Nach eineinhalb Stunden unter sengender Sonne war Becker sichtlich ausgetrocknet: „Ich bin ein wenig müde und werde fünf Tage Pause machen.“ Danach wolle er sich auf das Turnier in Barcelona ab 6.April vorbereiten.

Für Mancini war der Sieg über Becker enorm wichtig: „Das ist mein erster großer Erfolg seit meinem Sieg gegen Mats Wilander 1989“, frohlockte der 22jährige aus Buenos Aires. Er trifft in der Runde der letzten Acht auf Aufschlagmonster Richard Krajicek, der mit seinen knallharten Eingaben John McEnroe (USA) mit 7:6, 6:4 aus dem Turnier katapultierte. Edberg-Bezwinger Robbie Weiss (USA) konnte das Wunder nicht wiederholen und unterlag dem Schweizer Jakob Hlasek sang- und klanglos mit 2:6, 2:6.

Gemeinsam mit Boris Becker räumten Carl-Uwe Steeb (Stuttgart), Markus Zoecke und Barbara Rittner die Hotelzimmer. Charly Steeb verlor erwartungsgemäß gegen den Weltranglisten-Ersten Jim Courier (USA) mit 6:7 (5:7), 2:6. Sein Daviscup-Kollege Markus Zoecke mußte sich Michael Chang (USA) mit 6:4, 3:6, 1:6 geschlagen geben, und Barbara Rittner schlug sich selbst: Beim Stand von 1:6, 1:2 gegen Arantxa Sanchez-Vicario mußte sie wegen Rückenschmerzen aufgeben.

Einzig Steffi Graf fühlt sich in Key Biscayne pudelwohl — schließlich ist das Turnier quasi vor ihrer Haustür. Zwei Villen — eine für sich, eine für Gäste — besitzt die Weltranglisten- Zweite in Florida, wo sie sich verständlicherweise lieber und öfter aufhält als im badischen Kaff Brühl — trotz der störenden Moskitos und Hubschrauber, die unablässig ums Anwesen schwirren.

Völlig entspannt und gut gelaunt ging die 22jährige ins Achtelfinale gegen die Japanerin Kimiko Date, sicher in dem festen Glauben, in einer Stunde frisch geduscht die nächste Eisdiele zu entern. Doch der Arbeitstag für Steffi Graf dauerte ausnahmsweise länger. Mit einer teuflischen Variante verwirrte die flinke und aggressive Japanerin die erfahrene Steffi: Die Linkshänderin aus Tokio kann auch mit rechts schlagen und tut dies ab und an. Staunend rettete Steffi Graf den ersten Satz nur knapp im Tiebreak (7:6) nach Hause. Im zweiten Satz überschlugen sich die Breaks, die Japanerin ergatterte eins mehr und holte sich den Durchgang mit 7:5. Dann machte Steffi ernst, ließ Kimiko Date an der Vorhand riechen und gewann — durch einen Doppelfehler ihrer Gegnerin — den dritten Satz 6:4 und zog damit ins Viertelfinale ein gegen Freundin Mary-Joe Fernandez. Gleiches gelang neben Sanchez-Vicario auch Monica Seles (6:1, 6:2 gegen Radka Zrubakova) und Gabriela Sabatini (6:1, 6:7, 6:0 gegen Brenda Schultz). miß

Frauen, Achtelfinale: Sanchez-Vicario - Rittner 6:2, 2:1 aufgegeben, Graf - Date 7:6 (7:4), 5:7, 6:4, Seles - Zrubakova 6:1, 6:2, Jennifer Capriati - Zina Garrison 5:7, 6:4, 6:3, Mary-Joe Fernandez - Gigi Fernandez 6:2, 7:5, Amy Frazier - Nathalie Tauziat 6:4, 7:6 (7:3), Amanda Coetzer - Florencia Labat 6:2, 3:6, 6:2, Sabatini - Schultz 6:1, 6:7 (1:7), 6:0.

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