Wahlhilfe für Rabin

■ Die USA wollen die Regierung Israels zur Aufgabe der Siedlungspolitik zwingen

Wahlhilfe für Rabin Die USA wollen die Regierung Israels zur Aufgabe der Siedlungspolitik zwingen

Seit 1967 haben amerikanische Regierungen die israelische Siedlungspolitik immer wieder kritisiert. Doch haben sie nie etwas unternommen, um den Bau neuer Siedlungen tatsächlich zu verhindern. Erst jetzt entschlossen sich George Bush und James Baker, die Schamir-Regierung vor die Wahl zu stellen: Entweder sie stellt den Bau weiterer Siedlungen ein, oder sie muß auf Kredite im Wert von zehn Milliarden Dollar verzichten. Die israelische Regierung entschied sich vorerst für den Verzicht und läßt weiter Siedlungen bauen. Der amerikanische Israel-Lobbyist Tom Dine nannte die Entscheidung der US-Regierung das Ende des Nahost-Friedensprozesses. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Nach den israelischen Wahlen im Juni oder nach den US-Wahlen im Herbst könnte der Friedensprozeß wieder in Bewegung gebracht werden.

Ein Jahr nach Beginn der US-Initiative für eine friedliche Beilegung des Nahost-Konflikts und beinahe fünf Monate nach der Eröffnungskonferenz in Madrid kann von wirklichen Fortschritten keine Rede sein. Der Schamir-Regierung mangelt es Konzessionsbereitschaft. Sie besteht darauf, die 1967 besetzten Gebiete zu behalten und zu besiedeln. Nicht einmal kurzfristig will sie den intensiven Kolonisierungsprozeß unterbrechen. Damit lehnt sie nicht nur Forderungen der arabischen Staaten, sondern auch der amerikanischen Schirmherren ab. Israels Wohnungsbauminister kündigte kürzlich gegenüber amerikanischen Juden an, über 22.000 Neubauten in der besetzten Westbank fertigstellen zu lassen. Die Zahl der Siedler in der Westbank und im Golan soll sich in kürzester Zeit verdoppeln. Palästinenser weisen zu Recht darauf hin, daß bei der fortschreitenden Landnahme bald nichts mehr zu verhandeln bleibt.

In Washington mußte man zu der Überzeugung gelangen, daß so der nur formal eingeleitete Verhandlungsprozeß vor dem Zusammenbruch steht. Nur durch amerikanischen Druck auf Israel läßt sich wenigstens die Hoffnung auf eine Änderung der israelischen Politik nach den Wahlen aufrechterhalten. In Washington macht man keinen Hehl aus dem Wunsch nach einer neuen israelischen Regierung unter Führung der Arbeiterpartei. Das Einfrieren der Kredite bedeutet eine einschneidende Änderung in der amerikanischen Israel-Politik. Ob der amerikanische Druck, der in Israel als Einmischung in den Wahlkampf empfunden wird, tatsächlich dazu führt, daß 150.000 Likud-Stimmen der Arbeiterpartei Rabins zufließen und ihr zum Sieg verhelfen, läßt sich noch nicht abschätzen. Ebenso unklar ist, ob George Bush wieder gewählt wird und seine Nahost-Friedensinitiative das Jahr überlebt. Amos Wollin, Tel Aviv