: Bonn als Bürger-Ini
■ Der Umzug nach Berlin stoppt die „Westtangente“
Wieviel Erfolg Bürgerinitiativen im Kampf gegen den wachsenden Straßenverkehr haben, läßt sich nicht genau abschätzen — selbst wenn beispielsweise seit langem geplante Autobahnen nicht mehr gebaut werden. In Berlin scheinen dieser Tage die Pläne für eine Autobahn, die das Zentrum der Stadt einmal mit Beton in einer Länge von achteinhalb Kilometern zerschneiden sollte, endgültig in Schreibtischschubladen zu verschwinden. Gegen die sogenannte Westtangente, die in Nord-Süd- Richtung u.a. den Potsdamer Platz gestreift und sich durch den Tiergarten gefressen hätte, argumentierte und kämpfte seit 16 Jahren die „Bürgerinitiative Westtangente“.
In einem Untersuchungsbericht zu den verkehrlichen Vorgaben für den städtebaulichen Wettbewerb für das Regierungsviertel, den Bundesverkehrsminister Günther Krause (CDU) in Auftrag gegeben hatte, heißt es: „Verbindungen zwischen Innenstadtring und Zentrum — und damit dem Parlamentsbereich — sollten nur über leistungsfähige Stadtstraßen hergestellt werden. Verbindungen mit Autobahncharakter, wie z. B. die Westtangente, würden einen derart starken Verkehrssog auslösen, daß eine unerwünschte Überflutung dieses Bereichs durch Durchgangsverkehr eintreten würde.“ Damit machen sich die beauftragten Gutachter ein bekanntes Argument auch der Berliner Bürgerinitiative zu eigen: Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten. Ist das nun ein Erfolg? Sind Parlamentarier vom Rhein lernfähig — oder handeln die Bonner nur dann wie vernünftige Verkehrspolitiker, wenn es um ihr Regierungsviertel geht?
Die „Bürgerinitiative Westtangente“ kämpft jedenfalls unbenommen weiter. Zusammen mit einem Dutzend anderer Stadtteilinitiativen wird der Protest gegen den Ausbau eines Innenstadtringes vorbereitet — weil die Schließung des Ringes mehr und nicht weniger Verkehr provoziere. Bleibt die Frage für die Berliner CDU/SPD- Koalition, ob sie von Bürgerinititativen lernen will — oder doch lieber von Bundespolitikern? Dirk Wildt
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