Israelische Botschaft völlig zerstört

■ Autobombe vor Vertretung in Argentinien fordert mindestens elf Tote und über hundert Verletzte/ Israel droht mit Vergeltung/ Keine Hinweise auf Attentäter/ Weitere Anschlagsdrohungen

Buenos Aires/Tel Aviv (taz/wps/ afp/dpa) — Mindestens elf Tote und über hundert Verletzte forderte ein Bombenanschlag auf die israelische Botschaft in Buenos Aires. Eine Bombe, die vermutlich in einem vor dem Gebäude geparkten Auto deponiert worden war, explodierte am Dienstag nachmittag Ortszeit und zerstörte das als „Festung“ geltende Haus völlig. Unter den Toten befindet sich auch die Ehefrau eines Botschaftssekretärs sowie eine weitere israelische Botschaftsangehörige. Bei den anderen Toten soll es sich nach argentinischen Angaben um Bürger des südamerikanischen Staates handeln.

Botschafter Jizchak Schefi befand sich während der Explosion nicht im Haus. Israelische Behörden vermuteten gestern nachmittag fünf weitere Botschaftsangehörige unter den Trümmern. Gestern abend herrschte nur noch wenig Hoffnung, daß aus den Trümmer noch Überlebende geborgen werden könnten.

Über die Täter werden in Israel und Argentinien unterschiedliche Vermutungen angestellt. Der israelische Premierminister Schamir kündigte in Jerusalem Vergeltung für den Anschlag an.

Die gewaltige Detonation zerstörte das fünfstöckige Botschaftsgebäude völlig und beschädigte mehrere Gebäude im Umkreis, darunter eine katholische Schule und ein Pflegeheim. Die Aufräumarbeiten gestalten sich schwierig, da größere Räumfahrzeuge in die mit Trümmern übersäten engen Straßen nicht hineinkommen.

Zwischen Israel und Argentinien gab es zunächst unterschiedliche Spekulationen über die Urheber des Anschlages. Argentiniens Präsident Carlos Menem nannte argentinische Neonazis oder rechtsoppositionelle Kreise in der argentinischen Armee als mögliche Täter. In inoffiziellen Bemerkungen spekulierte er auch über Verbindungen zwischen dem Attentat und der Öffnung der argentinischen Nazi-Archive. In einer Pressekonferenz betonte Menem dagegen, der Anschlag habe nichts mit der von ihm im Februar verfügten Öffnung der Archive zu tun. Die Archive beinhalten Material über aus Deutschland nach Argentinien geflohene Nazis.

Israels Regierung spricht dagegen von einer „syrisch-iranischen Terrorachse“. Und Außenminister David Levy erklärte, Israel werde die Verantwortlichen für den Angriff auch in Argentinien erreichen. Ohne Syrien oder die Palästinenser beim Namen zu nennen, fügte er hinzu: „Wir können nicht dulden, daß diejenigen, die Friedensverhandlungen mit uns führen, gleichzeitig Terrorismus gegen uns befürworten und unterstützen.“ Argentiniens Präsident Menem ist gebürtiger Syrer, sein Bruder ist Botschafter in Damaskus.

Premierminister Schamir machte die PLO für den Anschlag verantwortlich und rief „die zivilisierten Staaten“ dazu auf, die Palästinenserorganisation für illegal zu erklären. Ein anonymer Anrufer beim argentinischen Hörfunksender Radio Mitre machte eine unbekannte palästinensische Gruppe „Für ein freies Palästina“ für den Anschlag verantwortlich. Das PLO-Büro in Buenos Aires verurteilte den Anschlag scharf.

Nachdem jüdische Organisationen in Argentinien und die israelische Botschaft in Chile ebenfalls Anschlagsdrohungen erhielten, fordern israelische Medien nun eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem israelischen Geheimdienst Mossad und den Geheimdiensten anderer Staaten zur Verhinderung weiterer Attentate.

In Israel und den israelischen Einrichtungen im Ausland wurden unterdessen die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Die Delegation israelischer Vereinigungen in Argentinien (DAIA) sagte alle am Mittwoch vorgesehenen Veranstaltungen ab.

Alle Parteien Argentiniens sowie die Militärs verurteilten das Attentat. Oberst Aldo Rico, der zwei Putschversuche gegen die Regierung angeführt hatte, bezeichnete den Anschlag als „kriminell“. Rico gehörte den sogenannten „Carapintadas“ an, die seit 1987 viermal versucht hatten, die Regierung zu stürzen. Auch die rechtsextreme Nationalistische Arbeiterpartei kritisierte das Attentat, das nur von Menschen mit einer „Mördermentalität“ geplant worden sein könnte. awo/taud