Kritisches Schering-Buch verboten

■ Landgericht verbietet Veröffentlichung/ Außendienstmitarbeiter wurde ohne sein Einverständnis abgebildet/ Herausgeber bezeichnet Vorgehensweise als »kleinkariert«

Berlin/Stuttgart. Das Buch Schering — die Pille macht Macht darf nicht in den Handel gebracht werden. Das Berliner Landgericht hat dem Stuttgarter »Schmetterling-Verlag« die Veröffentlichung bei Androhung einer Ordnungsstrafe bis zu 500.000 Mark untersagt, falls ein Foto von einem Schering-Mitarbeiter mitveröffentlicht wird.

Der Antragsteller, Außenhandelsvertreter Bernd B., ist in einem Kapitel über das Schering-Verhütungsmittel »Femovan« abgebildet. Die Autorin des Kapitels kritisiert, daß der Chemiemulti seine Pille nicht vom Markt nehme, obwohl der Verdacht der möglichen Nebenwirkung »Tod« bestehe. Zu dem Foto des Vertreters heißt es: »Jede Branche hat ihre Klinkenputzer: Ein Pharmavertreter bewirbt ‘Femovan‚ bei einem niedergelassenen Arzt.« Obwohl dieses Foto bereits 1987 in einem Geschäftsbericht veröffentlicht wurde, darf es ohne Einwilligung des Betroffenen nicht weiterveröffentlicht werden.

Bernd B. wollte sich gegenüber der taz nicht äußern, was er gegen die Abbildung einzuwenden hat. Er nehme lediglich sein Recht war, damit sei die Sache für ihn erledigt. Schering-Sprecher Gert Wlasich betonte, daß sein Unternehmen juristisch nicht gegen das Buch vorgehen werde. Richtigstellungen seien an den Stuttgarter Verlag geschickt worden mit der Bitte, sie bei einer Neuauflage zu berücksichtigen. Die Rechtshilfeabteilung habe den Vertreter allerdings beraten.

Der Herausgeber des Schering- Buches, Henry Mathews, vermutet hinter dem Vorgehen des Außenhandelsvertreters ein taktisches Manöver des Chemie-Multis. Der Konzern behaupte gerne, nicht juristisch gegen seine Kritiker vorzugehen. Das stimme jetzt aber nicht mehr, »wenn das über die Rechtsabteilung gelaufen ist«. Auch wenn Mathews das Recht am eigenen Bild akzeptiert, sei das Vorgehen »kleinkariert«. Der Mitarbeiter hätte, statt sofort das Gericht zu bemühen, sich vorher an den Verlag wenden sollen.

Noch hat sich der Schmetterling- Verlag nicht entschieden, wie er auf das Verbot reagiert.

»Das ist das erste Mal, daß eines unserer Bücher verboten wurde«, sagt Gesellschafter Jörg Hunger. Der Verlag ließ sich gestern erst nach Redaktionsschluß von seinen Anwälten beraten. diak