Gefangene wie Minenhunde eingesetzt

■ amnesty international dokumentiert Greueltaten beider Seiten im serbisch-kroatischen Krieg

Wien (ap/taz) — Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat ihre Vorwürfe gegen die Konfliktparteien in Kroatien präzisiert, denen schwere Verletzungen der Kriegskonventionen angelastet werden. So haben serbische Freischärler unter anderem 17 kroatische Gefangene wie Minenhunde eingesetzt.

In der 27seitigen Zusammenfassung sind Verstöße auf serbischer und kroatischer Seite aus der Zeit von Oktober bis November vorigen Jahres zusammengefaßt. Bereits damals hatte ai beide Seiten aufgefordert, standrechtliche Erschießungen und die Mißhandlung von Gefangenen zu unterlassen. Der Bericht enthält auch Kriegsgreuel, über die zuvor die New Yorker Menschenrechtsgruppe Helsinki Watch berichtete hatte.

So griffen zum Beispiel am 18. November serbische Freischärler und Einheiten der jugoslawischen Armee das kroatische Dorf Skabrnje und einen Tag später das Dorf Nadin in der Nähe von Zadar an. Nach der Eroberung der Dörfer begannen sie zu plündern und töteten 48 Zivilisten ( 41 in Skabrnje und 7 in Nadin). Die meisten Getöteten waren ältere Leute, die nach den Autopsieberichten durch aus nächster Nähe abgefeuerte Kugeln starben. Einige wurden durch Schläge auf den Kopf ermordet.

Vom 10. November 1991 berichtet eine Albanerin aus Bogdanovici ( Gegend um Vukovar), was nach dem Einmarsch serbischer Milizen passierte. 11 Gefangene mußten sich aufstellen und wurden erschossen. Sie selbst wurde in einen Raum gebracht und von mehreren Soldaten 12 Stunden lang vergewaltigt. Am nächsten Tag erkannte sie ein Leutnant der Armee, ein Albaner aus Kosovo, und so kam sie mit dem Leben davon.

ai teilte mit, sie verfüge über genaue Angaben über die Tötung von kroatischen Zivilisten in der ostkroatischen Ortschaft Lovas etwa 20 Kilometer von dem Schlachtfeld Vukovar. Danach wurden am 10. Oktober 23 Kroaten bei einem Angriff der jugoslawischen Armee und serbischen Freischärlern getötet. Eine Woche später sei das Dorf von Freischärlern eingenommen worden. Die Eroberer hätten ungefähr 50 Gefangene zusammengetrieben und sie vom Ortsrand aus in ein Kleefeld geschickt. Dabei hätten sie nebeneinander gehen und sich an den Händen halten müssen. Erst in diesem Moment sei den Gefangenen klar geworden, daß sie durch ein Minenfeld getrieben würden. Ein Mann sei über einen Draht gestolpert, der Minenexplosionen und Maschinengewehrfeuer von hinten ausgelöst habe.

Weiter heißt es: „Einige der Gefangenen waren so schwer verletzt, daß sie um den Gnadenschuß gebeten haben.“ 17 Menschen seien durch Minenexplosionen oder durch Schüsse in den Rücken ums Leben gekommen. 51 weitere Gefangene seien in der Zeit vom 10. bis 18. Oktober getötet worden.

ai berichtete auch über anhaltende Ermittlungen in Fällen, in denen kroatische Streitkräfte für den Tod von zehn Zivilisten im Serbendorf Stara Selo in Südwestkroatien sowie für den Tod von 24 Menschen in Divos und weiteren 18 Menschen in Paulin in Ostkroatien verantwortlich gemacht werden. Mitglieder der kroatischen Paramilitärs verbrannten die 70 Jahre alte Ankica Konjuh lebend auf der Schwelle ihres Hauses in Petrinja. Die Frau war nach Angaben aus Belgrad während des II. Weltkrieges Insassin des kroatischen Konzentrationslagers Jasenovac gewesen.

Etwa die Hälfte der Untersuchung ist Berichten über schwere Gefangenenmißhandlungen gewidmet. In drei serbischen Lagern seien Gefangene geschlagen oder vernachlässigt worden. Eine Anzahl sei daran gestorben. Schwere Mißhandlungen habe es auch in Lagern in Zadar, Gospic und Kerestinec in Kroatien gegeben.