„Bayer gefährdet die Demokratie“

Köln (taz) — Die Bayer AG ist mit ihrer Klage gegen die „Coordination gegen Bayer-Gefahren e.V.“ und deren Vorstandsmitglied Axel Köhler- Schnura endgültig gescheitert. Das Landgericht Köln wies die Klage des Konzerns am vergangenen Mittwoch auf Antrag der „Coordination“ ab und beendete damit die inhaltliche Seite eines fünfjährigen Rechtsstreits zwischen dem Chemiegiganten und seinen KritikerInnen. Bayer verzichtet auf einen Einspruch gegen die Abweisung. Offen ist jetzt noch die Schadensersatzforderung der „Coordination“, die gut sechstausend Mark Ordnungsgelder und mehrere zehntausend Mark Prozeßkosten zurückverlangt.

Bayer hatte 1987 auf Unterlassung des folgenden Aufrufs der „Coordination“ geklagt: „Gefahren für die Demokratie: In seiner grenzenlosen Sucht nach Gewinnen und Profiten verletzt Bayer demokratische Prinzipien, Menschenrechte und politische Fairneß. Mißliebige Kritiker werden bespitzelt und unter Druck gesetzt, rechte und willfährige Politiker werden unterstützt und finanziert.“

Vor dem Kölner Landgericht dokumentierte die „Coordination“ 1987 sechzehn Bespitzelungsfälle und leitete die Unterstützung willfähriger Politiker aus Presseberichten her. Das Gericht wertete die Beweise seinerzeit als nicht ausreichend und untersagte der „Coordination“, den zweiten der inkriminierten Sätze zu wiederholen. In dem von beiden Parteien angestrebten Revisionsverfahren verbot das Oerlandesgericht Köln 1988 auch den ersten Teil der Aussage. Die Richter werteten den Aufruf als Tatsachenbehauptung, die falsch und daher unzulässig sei. „Coordination“ und Köhler- Schnura erhoben Verfassungsklage gegen den Entscheid. Die Karlsruher Richter stellten den Aufruf der „Coordination“ daraufhin im Dezember 1991 als Meinungsäußerung unter den Schutz des Grundgesetzes und hoben beide Kölner Urteile als verfassungswidrig auf. Der Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes sei verkannt, wenn Formulierungen, in denen die Bewertung tatsächlicher Vorgänge zum Ausdruck komme, als Tatsachenbehauptungen angesehen würden. (1 BvR 1555/88).

Unter dieser Maßgabe hatte sich das Kölner Landgericht nun erneut mit der Klage zu befassen — pikanterweise unter Vorsitz von Richter Wilfried Huthmacher, der den Fall schon 1987 verhandelt hatte. Erleichterung war denn auch bei ihm zu spüren, als sich Bayer und „Coordination“ auf die Abweisung der Klage verständigten. Henry Mathews