■ ARTUR, BERLINOID
: l'art pour l'art

Mit Täuschungen werden Riesengeschäfte gemacht, weiß man ja, ganz besonders mit Kunstfälschung. Es gibt wohl nur wenige Museen auf der Welt, in denen nicht das eine oder andere Kuckucksei hängt oder steht, angefertigt von den Großen des Gewerbes, David Stein etwa oder Eric Hebborn, Tom Keating oder Elmyr de Hory zum Beispiel.

Artur wußte das so genau nicht bis zu jenen stillen Tagen im Norddeutschen, als es um Erbschaftsangelegenheiten innerhalb der weitverzweigten Familie ging. Der uralte Oheim, ein nicht völlig unbekannter Landschaftsmaler, war gestorben, den größten Teil seiner Werke hatte er in der Umgegend verkauft, es blieben nur einige wenige Bücher und Möbelstücke.

Artur aber hätte so gern ein Bildnis aus der Berliner Periode des Alten gehabt, so mit märkischer Heide, märkischem Sand, Windflüchtern und Wellenschlag drauf, in Öl, mit rotem Adler. Nichts zu machen, sagten die Anverwandten dröge, hat der alles verkauft.

Beim Frühschoppen in der Wirtschaft des Dorfes traf Artur den inzwischen fidel ergrauten L. wieder, ebenfalls Maler aus dieser Gegend, und er berichtete ihm von der Enttäuschung. »Das kriegen wir schon hin!«, tröstete ihn L., »ich hab denen zwar versprechen müssen, daß ich es nie wieder tun will, aber für meine zwei Jahre Knast in Flensburg kann ich 'nem alten Kollegen schließlich mal 'nen Gefallen tun, oder?!« Und da fiel es Artur wieder ein. L. war niemals nur Landschafts- und Heimatmaler gewesen, sondern immer schon ein begnadeter Fälscher und Kopierer. Das große Haus in der Heide hätte er sonst doch nie bezahlen können, und ein paar andere Dinge auch nicht. Innerhalb einer Woche hatte L., »aus Freundschaft und zur Erinnerung«, wie er verschmitzt meinte, für Artur eine ergreifende Havellandschaft, 50 mal 70, in Öl und überzeugend im Stil des Alten, für Artur angefertigt. »Sage mal, Artur«, nahm ihn L. beiseite, als er das noch feuchte Kunstwerk abholen gekommen war, »der Alte kannte doch einige berühmte Leute! So aus der Berliner Zeit und so...« Artur guckte ihn scheel an. »Jaa«, sagte er langgezogen, »Otto Dix war mal hier und Nolde. Mit Kirchner soll er eine Weile zusammengearbeitet haben, das sagt man jedenfalls in der Familie...«

»Begreife!« grinste L., »wenn man Freunde hat, bekommt man auch immer wieder mal kleine Geschenke!«

So kam es, daß dreizehn Werke namhafter Künstler ganz selbstverständlich auf dem Erbschein vermerkt wurden, zum größten Entzücken aller der Kunstszene nach ein paar Monaten auch zum Verkauf angeboten wurden und die Trauer um den Verlust des Alten klammheimlich steter Freude wich.

L. rief Artur aus Irland an. Er habe sich ein bescheidenes Cottage an der Küste gekauft, berichtete er, und als ein großen Würfen verpflichteter Mensch auch noch ein Päckchen mit Kanaltunnelaktien, man wisse ja nie. Clemens Walter