Ambitioniert gescheitert

„Schlafende Hunde“, 20.15 Uhr, ZDF  ■ Von Manfred Riepe

Obwohl die Buchhalterin Susanne (Sabine Postel) das ist, was man die Seele des Betriebs nennt, wird nicht sie, sondern ihr fachlich inkompetenter, aber von Yuppie-Geldgier angetriebener Ehemann Thomas (Peter Lohmeyer) vom Chef aufgebaut. Benisch (Peer Jäger) ist der Patron eines typisch sexistischen Männerclubs. Frauen wie die Sekretärin Kerstin (Eva Kryll) müssen sich durch erotische Promiskuität ihren Weg ebnen. Die Entfremdung geht so weit, daß Kerstin sogar mit diesem Arrangement zufrieden ist.

Daß die Dinge auch anders laufen können, möchte der Autor und Regisseur Max Färberbröck in seinem Fernsehfilm möglichst vielschichtig aufzeigen. Anfangs bemerkt Susanne noch nicht, mit welch harten Bandagen und miesen Tricks um sie herum gefightet wird. Als „braves Frauchen“ ist sie zwangsläufig gehandicapt, weil sie nur an ihrem unsympathischen Thomas interessiert ist. Um den auf sich aufmerksam zu machen, gibt sie vor, ein Verhältnis zu haben. Mit dem unerwarteten Ergebnis, daß Thomas seinerseits endlich den Freibrief für sein tatsächliches Techtelmechtel mit Susannes Kollegin Kerstin bekommt.

Anfangs kalt erwischt, steigt Susanne endlich in die Arena. Ein angeheuerter Callboy beschäftigt die Rivalin Kerstin mit Versprechungen, die diese hören will. Unterdessen nimmt Susanne bei der früheren Chefsekretärin Gelhorn (Ortrud Beginnen) Nachhilfestunden bezüglich der illegalen Geschäftslage ihres Betriebs. Mit einem geschickt gesponnenen Intrigennetz gelingt es ihr, ihren Mann in Verruf zu bringen und gleichzeitig den Chef um einige Millionen zu erleichtern.

Halbwegs plausibel zeichnet der Film bis hierher den Emanzipationsprozeß Susannes nach. Susanne avanciert zur gerissenen Geschäftsfrau, die einen sexistischen Laden aufmischt, der (il)legal mit politischen Optionen für gigantische Bauvorhaben dealt. Die dadurch gewonnene Perspektive auf die Verfilzung zwischen emotionalen und geschäftlichen Belangen müßte Susanne eigentlich genügend Menschenkenntnis vermittelt haben, um zu erkennen, was für ein Typ ihr inzwischen entlassener Thomas in Wahrheit ist: ein kleiner Trottel, der mit den großen Hunden pinkeln gehen möchte, aber das Bein nicht hoch bekommt.

Wenn Susanne ihm am (sicher von der Redaktion erzwungenen) Ende trotz allem die Treue hält, so bürstet der Film seine eigene Aussage gegen den Strich. Doch das ist nicht das eigentliche Problem. Viele amerikanische Spielfilme funktionieren so. Die Dimension des Fernsehfilms ist einfach zu klein, um ein derart komplex angelegtes Thema adäquat umzusetzen. Es hakt an allen Ecken und Enden, vom Schauspielerischen über die Ausstattung bis zur Dramaturgie, die notgedrungen immer wieder erklärende Dialoge in Kauf nehmen muß, wo bildhafte Darstellung angebracht wäre. Der Gesamteindruck eines zwar interessanten aber reichlich hölzernen Films ist daher unvermeidbar. Schlafende Hundeist das typische Beispiel eines ambitionierten TV-Films, der daran scheitert, daß er die Begrenztheit der Mittel dort zu ignorieren sucht, wo andere TV-Regisseure (Steinheimer, Bausch) den Königsweg der Versöhnung mit dem ästhetischen Repertoire des B-Pictures gehen.