Vor der Bahnrevolution steht nächtlicher Lärm

■ Damit der Intercity-Expreß schon 1993 in die Hauptstadt rasen kann, wird die Stadtbahnstrecke ab Anfang April zur Großbaustelle/ Aufwendige Gleis- und Brückenerneuerung/ Masten kommen eventuell per Hubschrauber in die Stadt

Berlin. Ab Anfang April werden für den Intercity-Expreß (ICE) auf der Strecke vom Abzweig Grunewald bis zum Bahnhof Zoo alle Gleisanlagen und Brücken erneuert. Wenn alles nach Plan läuft, soll der Superzug bereits zum Fahrplanwechsel am2. Juni 1993 über die alte Schienenverbindung von Hannover über Magdeburg und den Berliner Außenring den Bahnhof Zoo ansteuern.

Von den alten Stahlbrücken der Stadtbahn müssen im Charlottenburger Abschnitt zwischen der Kant- und der Lewishamstraße insgesamt zehn saniert werden. Die Brücken werden mit Überbauten stabilisiert und erhalten neue Abdichtungen und Regenabflüsse. Per Sandstrahl vom Schmutz befreit, bekommen die Bahnüberführungen schließlich einen frischen Anstrich. Lediglich drei Brücken zwischen dem Bahnhof Charlottenburg und dem Abzweig Grunewald sind nicht mehr zu retten und müssen komplett neu gebaut werden. Mit rund 110 Jahren auf dem Buckel haben sie ihre verdiente Altersgrenze erreicht, während alle anderen Stadtbahnbrücken von 1930 stammen oder noch jünger sind.

Planmäßig sollen die Erneuerungsarbeiten an den Stadtbahngleisen und -brücken Ende Oktober abgeschlossen sein. Mit der Streckenelektrifizierung möchte die Bauverwaltung unter Umständen schon vorher beginnen. Der Termin läßt sich allerdings nur vorziehen, wenn die Behörde ein erforderliches Planfeststellungsverfahren nicht abwarten muß. Im Rahmen des Verfahrens ist auch die Umweltverträglichkeit zu prüfen. Weil der ICE elektrische Energie aus einer Oberleitung braucht, müssen an jedem Fernbahngleis im Abstand von 30 bis 40 Metern Masten installiert werden. Über die stadtverträglichste von sieben Mastvarianten will eine Kommission der Bauverwaltung vor Ostern entscheiden. Ob die Masten mit dem Hubschrauber eingeflogen werden, steht entgegen einer Auskunft von Umweltsekretär Lutz Wicke noch nicht fest. Das teilte Projektleiter Franz mit. »Wir haben keinen diesbezüglichen Antrag gestellt«.

Da ein entsprechendes Gutachten erst Ende der Woche vorliegt, ist bislang noch unklar, wie die Anwohner der Stadtbahn vor den Fahrgeräuschen des ICE geschützt werden sollen. Eine Möglichkeit wären etwa zweieinhalb Meter hohe Lärmschutzwände, wie sie auch an den Außenstrecken geplant sind. Gegen derartige Bauwerke auf Brücken oder Viadukten ist allerdings der eingeschaltete Architekt Axel Oestreich. Sein Argument: »Die Züge sind dann kaum noch zu sehen, stattdessen läuft eine ungewohnte, hohe Mauer quer durch die Stadt.« thok