Der traumhaft leichte Pekingoper-Blues

■ „Fünf Schwerter für die Freiheit“, 22.15 Uhr, ZDF

Wie die Videorekorder in Japan, so wurde das Kino in Hongkong Ende der 70er Jahre neu erfunden. Das Fließbandsystem der berüchtigten Shaw-Brothers war an Überproduktion erstickt, als eine Gruppe junger chinesischer Regisseure, die ihr Handwerk im Ausland gelernt hatte, die Filmszene aufmischte. Regisseure wie Patrick Tam, Ann Hui, Po- Chi Leung, Alan Fong, Yim Ho und eben auch Tsui Hark begründeten die „Hongkong New Wave“. In der Verschmelzung traditioneller „Martial- Arts“-Streifen mit westlichen Genre-Mustern entstanden Filme von atemberaubender Schönheit.

Peking Opera Blues, mit dem Tsui (sprich Tschui) Hark 1986 über den Inselstaat hinaus internationale Anerkennung fand, ist eine ebenso rasante wie poetische und politische Slapstick-Komödie. Die Handlung spielt in Peking, im Jahr 1913 nach der ersten demokratischen Revolution. Während sich der Kongreß im fernen Süden konstituiert, führen in der ehemaligem Kaiserstadt korrupte Militärs das Kommando. Um der Demokratie auf die Beine zu helfen, versucht die Generalstochter und Patriotin Tso Wan in den Besitz eines Dokuments zu kommen, mit dem sie illegale Finanztransaktionen ihres Vaters aufdecken will. Mit ausländischem Geld will der General eine Söldnertruppe aufbauen, die der blutjungen Republik den Garaus machen soll. Dreh- und Angelpunkt des Geschehens ist ein Teehaus, in dem allabendlich die Pekingoper aufgeführt wird. Die dort unversehens ausbrechenden, haarsträubenden Gefechte sind eine Hommage an die traditionelle chinesische Bühnenkunst, die in Harks Film wieder auflebt. Als Ende der sechziger Jahre in Hongkong die Kung-Fu- und Schwertfilme boomten, bezog die Filmindustrie die dazu benötigten Darsteller-Akrobaten aus der (dadurch zu verschwinden drohenden) Pekingoper.

Peking Opera Blues ist eine vollendete Liebeserklärung an das Genre. In einem für unsere trägen Hollywood-Augen kaum nachvollziehbaren Tempo wechseln Perspektiven, wirbeln Kämpfer durch die Luft, werden skurrilste Running- Gags aufgezogen, die man beim erstenmal kaum mitbekommt. In der Zeit, in der Martin Scorsese die Gesichtsfurchen von Robert De Niro ausleuchtet, wird in einem Hongkongfilm ein halbes Drama abgewickelt.

Und das Angenehmste ist die träumerische Leichtigkeit der Inszenierung — auch wenn der deutsche Titel mit den fünf Schwertern und der Freiheit wieder mal sperrig und überfrachtet daherkommt. Aber: Lieber mit dem Schwert kämpfen als mit dem Wolf tanzen! Manfred Riepe