Äthervereinigung weiter fraglich

Medienstaatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg auf wackligen Beinen  ■ Von Karl-Heinz Stamm

Beide strahlten vor Hoffnung und Freude. Berlins Regierender Diepgen auf der einen und Brandenburgs Ministerpräsident Stolpe auf der anderen Seite. Der eine, weil er in dem gerade unterzeichneten Vertragswerk eine Art Pilotprojekt für die zukünftige Zusammenarbeit sah, der andere, weil es ihm gelungen war, den Ausbau Babelsbergs als Schwerpunkt der Film- und Fernsehproduktion in der Bundesrepublik festzuschreiben. So war das am Anfang des Monats.

Zwei Wochen später sieht es für den Medienstaatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg, der die Grundlage für eine gemeinsame Medienanstalt (MABB) bilden soll, gar nicht rosig aus. Zwar ist die Intention des Vertrages sinnvoll, soll er doch das Zusammenwachsen der Region „nicht durch den Aufbau unnötiger Doppelstrukturen behindern“ — was aber nützt sie, wenn diejenigen, um die es geht, partout nicht zueinander finden wollen. Den Eindruck jedenfalls vermittelten die Vertreter der beiden Landesrundfunkanstalten SFB und ORB Ende vergangener Woche vor dem Medienausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses. Beide „Partner“ begreifen die Kooperationsklausel, wonach SFB und ORB bei zwei Hörfunkprogrammen und dem gemeinsamen dritten TV- Programm zusammenarbeiten sollen, als eine Zwangsmaßnahme und einen Eingriff in die Programmhoheit der Anstalten. „Warum“, so fragte der Rundfunkdirektor des ORB, Dieter Hirschfeld, „regelt man etwas, was sich zwanghaft nicht regeln läßt?“ Und verwies auf das gemeinsame Jugendprogramm, das, obwohl es spätestens am 1. Juni auf Sendung gehen soll, schwerlich zustande kommen wird. Erbost sind die Brandenburger vor allem darüber, daß sie beim gemeinsamen TV-Programm mangels einer zusätzlichen Frequenz auf eine Subregionalisierung verzichten müssen. Jetzt überlegt der ORB, ob er dagegen per Verfassungsklage vorgehen soll. Übereinstimmendes Fazit der beiden: Nachdem eine gemeinsame Landesrundfunkanstalt gescheitert ist, soll jetzt eine Kooperation über den Staatsvertrag durchgesetzt werden.

Zuvor hatte bereits Rainer Oxfort von der IG Medien kritisiert, daß dem SFB-Frequenzen entzogen werden. „Der Zwang zum Sparen“, so Oxfort, „kann nicht über Frequenzentzug durchgesetzt werden.“ Er bezweifelte vor allem, ob die Reduzierung von vier auf zwei eigene Hörfunkfrequenzen mit der Bestands- und Entwicklungsgarantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu vereinbaren sei.

Ernst Benda, einst Präsident des Bundesverfassungsgerichtes, ist da ganz anderer Meinung. Alle Punkte seien durch das sechste Karlsruher Rundfunkurteil gedeckt. Dieses gebiete geradezu, daß die Kriterien der Frequenzvergabe dargestellt werden. Geladen war er als Vertreter des Berliner Kabelrates, dessen Vorsitz er seit sieben Jahren innehat. Seltsam nur, daß er über ein Werk urteilen sollte, dessen Zustandekommen er entscheidend mitgeprägt hatte: „Wir waren an der Verfassung des Vertrags beteiligt.“ FDP, PDS und Bündnis 90/Grüne im Berliner Abgeordnetenhaus, die massive Kritik an dem Vertragswerk üben, hatten vor der Anhörung eine „Ausschaltung der Opposition“ beklagt.

Vielleicht ist ja ohnehin jede Mühe und Aufregung umsonst, mehren sich doch die Zeichen, daß der Medienstaatsvertrag gar nicht durch den Brandenburger Landtag kommt.