Enttäuschte Erwartungen

■ Brasilien Präsident feuerte den renommierten Umweltsekreträr Jose Lutzenberger

Enttäuschte Erwartungen Brasiliens Präsident feuerte den renommierten Umweltsekretär José Lutzenberger

Das Lügengebilde ist zusammengebrochen. José Lutzenberger, von Brasiliens Präsident Collor zwei Monate vor der UNO-Umweltkonferenz in Rio aus seinem Amt als Umweltsekretär entlassen, ist über seine eigene poitische Unfähigkeit gestrauchelt. Marketing-Spezialist Fernando Collor bekam zu spüren, daß selbst in Brasilien die Umweltpolitik nicht mehr mit bloßen Aushängeschildern zu machen ist.

Weder Präsident Collor noch die erbosten, von Lutzenberger der Korruption beschuldigten 6.500 Angestellten der brasilianischen Umweltbehörde IBAMA bestreiten die wissenschaftliche Qualifikation des deutschstämmigen Agrarwissenschaftlers. Doch der von Lutzenberger gehegte Kult des unberechenbaren Genies, das es vorzieht, im Schatten einer Palme statt am Schreibtisch zu arbeiten, entpuppte sich als Farce. Abgesehen von der Demarkierung des Indianerreservates der Yanomani an der Grenze zu Venezuela kann der exzentrische Umweltschützer nach zwei Jahren keine praktischen Ergebnisse vorweisen. Im Gegenteil: Die Zerstörung des Regenwaldes ist während seiner Amtszeit gestiegen.

Statt sich für die politische Umsetzung seiner brillanten Ideen stark zu machen, zog Lutzenberger es vor, Vorträge im Ausland zu halten. Währenddessen wuchs in der brasilianischen Öffentlichkeit und bei den enttäuschten Umweltschützern die Kritik. Lutzenberger ließ sich so gut wie nie im Umweltsekretariat oder der Umweltbehörde blicken. Angeblicher Grund: Seine tiefsitzende Abneigung gegenüber Technokraten.

Lutzenberger enttäuschte auch die Erwartungen von Präsident Collor, der den Träger des alternativen Nobelpreises vor zwei Jahren als Umweltsekretär anheuerte, um Brasilien von seinem Ruf als Umweltzerstörer Nummer eins zu befreien. Lutzenberger konnte die Vernichtung der Regenwälder nicht bremsen, schlimmer noch, er trug seine Meinungsunterschiede mit der Regierung öffentlich aus und beschuldigte sie zu allem Überfluß noch der Korruption. Sein Nachfolger José Goldenberg ist wesentlich zahmer. Er hat bereits angekündigt, daß er während der Unced-Konferenz brav die amtliche These vom sogenannten umweltverträglichen Wirtschaftswachstum vertreten wird. Wenigstens weiß man jetzt, woran man ist. Astrid Prange, Rio de Janeiro