Monika Haas wegen Landshut-Entführung verhaftet

Die Bundesanwaltschaft stützt sich auf Stasi-Akten/ Die Verhaftete wehrt sich seit Wochen gegen die Anschuldigungen/ Ihr Anwalt formuliert „höchste Bedenken“/ Die 'Bild‘-Zeitung beschuldigte die „Schöne Frau“ bereits 1989, den Entführern die Waffen in Mallorca übergeben zu haben  ■ Von Wolfgang Gast

Berlin (taz) — Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat am Freitag die 43jährige Frankfurterin Monika Haas unter dem dringendem Tatverdacht der Beteiligung an der Entführung der Lufthansa-Maschine Landshut nach Mogadischu im Oktober 1977 verhaften lassen. In dem vom Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof erlassenen Haftbefehl wird ihr unter anderem Geiselnahme und erpresserischer Menschenraub vorgeworfen.

Monika Haas wird verdächtigt, die bei der Entführung durch das Palästinenser-Kommando „Martyr Halimeh“ verwendeten Waffen und Sprengstoff nach Palma de Mallorca geschmuggelt und dort den Kommandomitgliedern übergeben zu haben.

Nach eigenen Angaben leitet die Anklagebehörde die Vorwürfe aus Akten der Staatssicherheit und den Aussagen des ehemaligen Stasi-Offiziers Werner Orzschig ab. Die Unterlagen, die in der Stasi-Hauptabteilung XXII (Terrorabwehr) als „Operativvorgang Wolf“ angelegt wurden, sind, wie der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Förster, erklärte, dem Bundeskriminalamt von der Gauck-Behörde am 20. Februar übergeben und am 25. Febraur an die Bundesanwaltschaft weitergereicht worden. Ein Ermittlungsverfahren wurde daraufhin am 4. März eingeleitet.

Die Vorwürfe gegen Monika Haas sind nicht neu, sie werden von ihr auch seit Wochen vehement bestritten. Um so erstaunlicher ist es, daß die Bundesanwaltschaft zum jetzigen Zeitpunkt einen Haftbefehl wegen Fluchtgefahr gegen die Frankfurterin erwirkt hat, die vor über zehn Jahren aus dem Nahen Osten in die Bundesrepublik zurückkehrte. Unter Bezugnahme auf die Stasi-Unterlagen hatten ihr bereits die Autoren des unlängst im Rowohlt-Verlag erschienenen Buches Die RAF-Stasi-Connection, der Leiter von Spiegel-TV Stefan Aust und der 'Spiegel‘ wahlweise eine Stasi- Mitarbeit, eine Tätigkeit für einen „imperialistischen Geheimdienst“ und eine Beteiligung an der Landshut-Entführung vorgeworfen.

Monika Haas wehrte sich vor Gericht gegen die Anschuldigungen, die sie als „schwachsinniges Konstrukt“ bezeichnete. Das Buch darf auf ihren Antrag seither nur noch mit geschwärzten Passagen ausgeliefert werden.

Das Frankfurter Landgericht untersagte auch Spiegel-TV in 19 und dem Nachrichtenmagazin 'Spiegel‘ in zehn Fällen die Weiterverbreitung der aufgestellten Behauptungen. Monika Haas hat mehrfach beteuert— unter anderem in einer eidesstattlichen Erklärung vor dem Frankfurter Landgericht — weder zu irgendeiner Zeit für einen Geheimdienst gearbeitet noch den Entführern der Landshut-Maschine Waffen oder Sprengstoff besorgt zu haben. Zum fraglichen Zeitpunkt im Oktober 1977 habe sie sich, im achten Monat schwanger, im Aden aufgehalten und sich auf die Geburt ihres zweiten Kindes vorbereitet.

Ihr Frankfurter Rechtsanwalt Armin Golzem vermutet in dem jetzt ergangenen Haftbefehl ein Zugeständnis der Bundesanwaltschaft an den öffentlichen Druck, der durch die Publikationen ausgelöst wurde. Keiner der jetzt von der Bundesanwaltschaft erhobenen Vorwürfe sei neu, ihre öffentliche Verbreitung sei im Gegenteil vom Frankfurter Landgericht verboten worden. Da sich seine Mandantin seit Wochen intensiv mit den Verdächtigungen auseinandersetze, könne auch von einer Fluchtgefahr keine Rede sei. Golzem will beim Bundesgerichtshof nun eine Aufhebung des Haftbefehls erreichen.

„Höchste Bedenken“ formulierte Golzem gegenüber der taz, was die Glaubwürdigkeit der Stasi-Akten und die Aussagen des Stasi-Offiziers, der am 12. März von der Bundesanwaltschaft vernommen wurde, betrifft. So gehe der Vorwurf, Monika Haas habe dem Entführerkommando die Waffen beschafft, lediglich auf die ungeprüften Aussagen des früheren RAF-Mitgliedes und Stasi-IMs Werner Hoppe zurück, die dieser gegenüber seinem Führungsoffizier gemacht habe. Ende letzter Woche— und damit nach der Vernehmung des Stasi-Offiziers Orzschig — hatte auch die Bundesanwaltschaft eingeräumt, daß die Beweislage im Fall Monika Haas „ausgesprochen dürftig“ ist.

Der Vorwurf, Monika Haas sei an der Landshut-Entführung beteiligt gewesen, war erstmals am 11. Dezember 1989 von der 'Bild‘-Zeitung erhoben worden. Wenige Tage nach dem tödlichen RAF-Anschlag auf den Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bank, Alfred Herrhausen, behauptete das Springer-Blatt unter der Überschrift „Herrhausen- Sprengstoff kam aus Syrien“, daß das Material, das die Entführer von Mogadischu bei sich gehabt hätten, von Monika Haas stamme. Sie sei unter falschem Namen über den Südjemen und Tunis nach Palma de Mallorca gereist, um dort die Waffen und den Sprengstoff zu übergeben.

Ungeklärt ist auch, warum die auf dem Operativvorgang „Wolf“ basierenden Vorwürfe erst jetzt erhoben werden. Die Unterlagen der Stasi- Hauptabteilung XXII wurden bereits im Sommer 1990 nach Bekanntwerden der RAF-Stasi-Verbindungen vom damaligen DDR-Innenminister Peter-Michael Diestel den westdeutschen Sicherheitsbehörden übergeben und ausgewertet. Nach den Angaben der Bundesanwaltschaft hätten sich damals aber nur Hinweise auf den „OV Wolf“ ergeben. Ausgewertet wurden die Akten aber auch durch die Staatsschutzabteilung des späteren Gemeinsamen Landeskriminalamtes der neuen Bundesländer (GLKA), ohne daß diese daraus Erkenntnisse gegen Monika Haas ableiten konnten.

In einer schriftlichen Erklärung vom 13. März warf Monika Haas den Medien „ein Schmierenheater“ vor, das „auf meinem Rücken ausgetragen wird“. Als Motive unterstellte sie den Journalisten „Prestige, Konkurrenz und Geltungsbedürfnis“.