Berliner Müll heizt Erdatmosphäre auf

■ Ozonkiller FCKW landet auf Mülldeponien/ Gas fördert Treibhauseffekt genauso stark wie ein Siebtel des gesamten Berliner Energieverbrauchs

Berlin. Berlins Abfälle erwärmen das Erdklima. Jährlich wird Müll, der mindestens sechshundert Tonnen des bekannten Ozonkillers Fluorchlorkohlenwasserstoff (FCKW) enthält, auf Deponien im Umland gekippt. Diese Menge fördert genauso stark den Treibhauseffekt wie etwa ein Siebtel der zwanzig Millionen Tonnen Kohlendioxid, das Berlin jährlich mit seinem Energieverbrauch freisetzt.

Darauf weist Hartwig Berger, umweltpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/ Grüne, hin. FCKW entwickelt in einem Zeitraum von hundert Jahren etwa die fünftausendfache Treibhauswirkung wie die gleiche Menge Kohlendioxid. Dies bestätigt auch das Umweltbundesamt. Holger Brackemann, wissenschaftlicher Mitarbeiter, betont aber, daß über das Erderwärmungspotential von FCKW zunehmend gestritten werde.

Das FCKW entweicht auf Deponien aus Bauabfällen, Dämmaterial, Styropor, Klimaanlagen und weichgepolsterten Autolenkrädern. Nur 90 Tonnen flüssiges FCKW, die die Berliner Stadtreinigung (BSR) im Jahr aus Kühlschränken zurückgewinnt, werden neutralisiert. Doch die Hälfte der jährlich anfallenden hundertfünfzigtausend Kühlschränke landet unkontrolliert auf Müllhalden. Berger fordert, daß der Senat die FCKW-haltigen Küchengeräte zu sogenanntem Abfallgut erklärt — dann müßten alle Altgeräte bei der BSR abgegeben werden. Berger bemängelt darüber hinaus, daß sich Bau- und Umweltsenator, weiterhin weigerten, Bauabfälle einzusammeln und aus dem Material das FCKW zurückzugewinnen.

Doch die Umweltverwaltung will nicht schärfer gegen den Ozonkiller vorgehen. Dies geht aus einem noch nicht veröffentlichten Bericht hervor, den sich Umweltsenator Volker Hassemer (CDU) anfertigen ließ. In dem Bericht werden Maßnahmen gegen das ozonzerstörende Gas — die weiterreichender sind als die seit diesem Jahr geltende FCKW-Halon- Verbotsordnung — nicht näher untersucht oder für rechtlich bedenklich gehalten. Beispielsweise sei es juristisch nicht möglich, Kühlschränke zu Abfallgut zu erklären, heißt es.

Hassemer ließ sich den Bericht vorlegen, weil er Anfang Mai im Abgeordnetenhaus Stellung zum Klimaschutz beziehen muß. Mitte Februar hatten alle im Abgeordnetenhaus vertretenen Fraktionen gemeinsam den Umweltsenator beauftragt, ein Konzept zur vollständigen Wiedergewinnung oder Neutralisierung von in Gebrauch befindlichem FCKW oder teilhalogenierten Kohlenwasserstoffen zu erarbeiten. Außerdem forderten die Parlamentarier, daß sich der Senat für eine internationale Konferenz und eine europäische Initiative zum schnellen Ausstieg aus der FCKW-Produktion welt- und europaweit einsetzt. Berlin müsse auch darauf drängen, daß ein Produktionsverbot in Deutschland schon im kommenden Jahr erreicht werde.

Doch in dem Hassemer-Bericht wird von einer Initiative Berlins für einen FCKW-Ausstieg und das Produktionsverbot wenig gehalten. Berlin habe sich bereits für beides eingesetzt. Dirk Wildt