Unterm Strich

Als gäbe es in Berlin — mit seinen noch und nicht mehr zwei Akademien — nicht schon genug Probleme: Auch in Leipzig soll im Mai eine Freie Akademie der Künste gegründet werden. Der konstituierenden Arbeitsgruppe gehören u.a. die Schriftsteller Heinz Czechowski und Werner Heiduczek, der Maler Hartwig Ebersbach und der Komponist Udo Zimmermann an. Die Hamburger Akademie der Künste übernimmt die Patenschaft für die neue Institution. Die Leipziger Akademie wird keine Sektionen haben, um das interdisziplinäre Denken zu fördern, heißt es in einer Absichtserklärung der Gründungsmitglieder.

Schriftsteller aus Berlin und Brandenburg haben am Wochenende den Sacrower Kreis gegründet. Außer Lesungen will die literarische Vereinigung eine eigene Publikationsreihe in Angriff nehmen. Vorsitzender des Fördervereins, der auch Stipendien vergeben soll, ist der Potsdamer Schriftsteller Dietrich Hohmann. Zu den Mäzenen des „Sacrower Kreises“ gehört u.a. der Förderverein „Pro Brandenburg“, der vorerst auch das Dach für die Arbeit der neuen Vereinigung bietet: Schloß Sacrow bei Potsdam, wo der in Brandenburg geborene Dichter Friedrich Baron de la Motte Fouqué seine Kindheit verbracht hat.

In den Räumen des venezianischen Palazzo Grassi wird seit Sonntag die bisher umfassendste Ausstellung von Zeichnungen und Skizzen des Renaissance-Malers Leonardo da Vinci präsentiert. Der Fiat-Kulturstiftung ist es gelungen, für Leonardo & Venezia, so der Titel der bis zum 5.Juli währenden Ausstellung, in Zusammenarbeit mit dem italienischen Kultusministerium sämtliche Zeichungen Leonardos zusammenzutragen: mit Leihgaben aus Windsor, Paris, Hamburg und New York. Sie will vermitteln, was schwer nachzuweisen ist: den enormen Einfluß von Leonardo da Vinci auf die großen venezianischen Renaissance-Maler wie Giorgione, Tizian und Bellini. Nachweislich war Leonardo nur ein einziges Mal in der damals mächtigen „Serenissima“: Im März des Jahres 1500 hielt sich der bereits europaweit berühmte Künstler in der Lagunenstadt auf. Einziges Indiz dafür ist eine handschriftliche Notiz Leonardos, in der er vermerkt, daß er seinem Schüler Salai, „begierig nach Grazie und Schönheit“, in Venedig einige Dukaten geliehen habe, damit dieser sich „ein paar rosa Strümpfe“ kaufen konnte. Ende Juni werden sich in Venedig die Leonardo-Forscher treffen, um die jüngsten Forschungsergebnisse zu präsentieren.

Der Komponist Georges Delerue, der 1979 einen „Oscar“ für die Musik zu dem Film A Little Romance erhielt, ist im Alter von 67 Jahren in Kalifornien gestorben. Delerue schrieb mehr als 200 Filmmusiken, darunter für Viva Maria von Louis Malle und für Bertoluccis Verfilmung von Der Konformist. Mit Francois Truffaut arbeitete er bei den Filmen Schießen Sie auf den Pianisten, Jules und Jim und Die letzte Metro zusammen.

Der Filmregisseur Oliver Stone (JFK) wird im Mai nach Peking reisen, um Verhandlungen über Dreharbeiten zu einem Film über Mao Tse- Tung zu führen. „Ein großes cinematografisches Po

tential“, meint der neuerdings auf Politiker-Biographien abonnierte Regisseur. Sein Film wird sich auf das Buch des amerikanischen Journalisten Edgar Snow Roter Stern über China stützen und die Jahre 1926 bis 1950 dokumentieren. Die Kulturrevolution bleibt also ausgespart.

Die Comédie Francaise in Paris wird ab der nächsten Spielzeit wieder über eine zweite Bühne verfügen: das ThéÛtre du Vieux-Colombier in St.- Germain-des-Près, das umfangreich renoviert worden ist. Das ehemalige Privattheater mit 350 Plätzen war seit 1972 geschlossen. Dort sollen ausschließlich zeitgenössische Stücke aufgeführt werden: zunächst Elle est là und Le Silence von Nathalie Sarraute. Die Hauptbühne bleibt also den Klassikern erhalten. Theaterleiter Jean-Jacques Lassalle hat zwei tschechische Regisseure eingeladen, am Haus zu inszenieren: Otomar Krejca setzt Antigone von Sophokles in Szene, und der Cineast Jiri Menzel, der erst kürzlich in Berlin in einem kleinen Privattheater Woody Allens Mittsommernachtssexkomödie recht belanglos inszeniert hat, darf Le prix Martin von Eugène Labiche machen.

Am kommenden Wochenende findet in dem kleinen Städtchen Schwedt, an der polnischen Grenze gelegen, ein erstes deutsch-polnisches Theaterfachgespräch mit Gastspielen des Teatr Witkacy aus Zakopane und der Philharmonie Szczeczin statt. Theaterleute, Kritiker und Kulturpolitiker debattieren über die kulturpolitischen Bedingungen in beiden Ländern, die Rezeption polnischer Dramatik in Deutschland und deutscher Dramatik in Polen und stellen experimentelle Gruppen vor. Dazu gehört zweifelsohne das Witkacy, dessen Gastspiele das Arbeitstreffen abrunden: Es spielt den Dr. Faustus nach Christopher Marlowe (Freitag, den 27.3. um 22.15Uhr) sowie Cabaret Voltaire (Samstag, 19.30Uhr). Die Tagung beginnt bereits am Freitag, die Gespräche werden am Samstag fortgesetzt. Nähere Informationen beim Veranstalter, den Uckermärkischen Bühnen Schwedt, wo die Tagung auch stattfindet. Alle Anfragen werden unter der Ostberliner Telefonnummer 4725037 beantwortet.

Der DDR-Kunst sind zwei Ausstellungen in Basel gewidmet. Das Kunstmuseum zeigt bis zum 3.Mai unter dem Titel Aus einem isolierten Land weitgehend unbeachtete Zeichnungen von sechs Künstlern: Gerhard Altenbourg, Carlfriedrich Claus, Dieter Goltzsche, Peter Graf, Sabine Grzimek und Claus Weidensdorfer. Ihre Arbeiten entsprachen damals nicht den maßgeblichen Vorstellungen der Kulturbeamten, die den neuen sozialistischen Menschen propagierten. Die zweite Ausstellung im Gegenwartsmuseum (bis 22.Juni) zeigt kollektiv entstandene „Malspielbilder“ der „Lücke TPT“ (Team Psychologie-Technologie), einer in den 70er Jahren in Dresden tätigen Gruppe abseits des offiziellen DDR-Kulturbetriebs. Ihr gehörten unter anderem A.R. Penck, Wolfgang Opitz, Harald Gallasch und Terk an.

Die Stadt Chicago hat sich entschieden, den Entwurf des Dortmunder Architekten Josef Paul Kleihues für ein Museum der Modernen Kunst zu bauen. Der Neubau soll 1995 eröffnet werden.