Arabische Liga: Kompromiß zu Libyen

Kairo (taz) — Nach einer unerwartet langen Sitzung konnten sich die Außenminister der Mitgliedsstaaten der Arabischen Liga am Sonntag abend in Kairo nicht auf eine bedingungslose Solidarisierung mit Libyen einigen. In einer Schlußresolution wird der UNO-Sicherheitsrat aufgefordert, vorerst keine Sanktionen gegen Libyen zu verhängen, sondern abzuwarten, bis der internationale Gerichtshof in Den Haag über die Auslieferung von mutmaßlichen libyschen Flugzeugattentätern entschieden hat. Der UN-Sicherheitsrat sollte noch gestern am späten Abend über Sanktionen dikutieren. Der internationale Gerichtshof wird am Donnerstag mit den Beratungen beginnen.

Obwohl der von der Arabischen Liga gefaßte Beschluß weit hinter der libyschen Vorlage zurückblieb, zeigte sich der libysche Außenminister Al Bischari „voll zufrieden“. Die Resolution gilt als Versuch, die Entscheidung des Sicherheitsrates hinauszuzögern, um so etwas Zündstoff aus der Affäre zu nehmen. Mit dem abgeschwächten Beschluß scheint sich der Flügel innerhalb der Liga durchgesetzt zu haben, der einen unmittelbaren Widerspruch zu einem erwarteten Sanktionsbeschluß des UN-Sicherheitsrates vermeiden will.

Vor dem Treffen hatte der Vorsitzende der Liga, der Ägypter Esmat Abdel Meguid, zum Ausdruck gebracht, daß sich die arabischen Staaten seiner Meinung nach Maßnahmen gegen Libyen nicht anschließen werden. Bestärkt wurde diese Ansicht auch durch die Tatsache, daß Libyen derzeit turnusgemäß den Vorsitzenden der Außenministerrunde stellt.

Unterdessen deutet sich ein möglicher Kompromiß an. UN-Generalsekretär Butros Ghali soll vorgeschlagen haben, daß die beiden mutmaßlichen Lockerbie-Attentäter im Beisein eines UN-Vertreters von Libyen an die Arabische Liga ausgeliefert werden. Dies würde es der libyschen Führung erleichtern, ihr Gesicht zu wahren. Libyen sucht derzeit auch unabhängig von der Liga Unterstützung in der arabischen Welt. So finden momentan zwischen den Maghrebstaaten Verhandlungen um ein Gipfeltreffen statt, bei dem der Konflikt um Libyen als eigener Tagesordnungspunkt gesondert behandelt werden soll.

Die in Kairo ansässige „Union der arabischen Juristen“ unterstrich, daß ein militärisches Vorgehen gegen Libyen nicht durch die UN-Charta abgedeckt sei und eine solche Maßnahme außerhalb internationalen Rechts stünde. Des weiteren seien an Beschlüssen über Wirtschaftssanktionen gegen Libyen auch die Nachbarstaaten des Landes zu beteiligen, da diese von einem Boykott unmittelbar betroffen wären. Karim el-Gawhary