Zwangsberatung setzt sich durch

■ Paragraph 218: Die SPD hält nicht mehr an der Freiwilligkeit einer Beratung fest/ SPD und FDP einig

Berlin (taz) — Bei der Frage einer Neuregelung des Abtreibungsrechts sind sich SPD und FDP im Punkt der Pflichtberatung weitgehend einig. So erklärte die SPD-Bundestagsabgeordnete Inge Wettig-Danielmeier schon am vergangenen Dienstag, die SPD sei von ihrem Nein zur Beratungspflicht bei einem Schwangerschaftsabbruch abgerückt. Die SPD geht damit auf die Forderungen der FDP nach einer verbindlichen und verpflichtenden Beratung ein. Beide Parteien fordern eine Fristenlösung.

Marliese Dobberthien (SPD), Mitglied des Sonderausschusses §218, kommentierte diesen sich abzeichnenden Kompromiß zwischen SPD und FDP mit den „Einigungszwängen“, unter deren Druck sich die SPD wähnt. Sie betonte gegenüber der taz, daß sich eine zukünftige Beratungspflicht von SPD-Seite aus auf eine reine Informationsberatung beschränken soll. Auf keinen Fall dürfe eine Zwangs-Schwangerschaftskonfliktberatung mit dem erklärten Ziel des Lebensschutzes gesetzlich verankert werden.

Uta Würfel, stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende, meinte gestern in einem Interview gegenüber der 'Berliner Zeitung‘: „Umstritten ist aber nach wie vor die strafrechtliche Seite. Anders als die SPD wollen wir bei Nichtwahrnehmung der Beratung eine Bestrafung. Sonst wirft uns das Verfassungsgericht das Papier gleich vor die Füße.“ Die Angst vor möglichen Unannehmlichkeiten mit den Verfassungsrichtern scheint die gesamte Verhandlungsatmosphäre zwischen SPD und FDP zu bestimmen. Mit Blick auf die einst abgeschmetterte Fristenlösung traut sich innerhalb der Fraktionen niemand mehr an radikale Forderungen und Formulierungen heran. Dennoch regte sich am Wochenende in den SPD-Reihen erster Widerstand gegen die zur Schau getragene Einmütigkeit.

Die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Frauen und Jugend, die SPD-Abgeordnete Edith Niehuis, warnte die VerhandlungsführerInnen ihrer Partei davor, zu sehr auf die Bedingungen der FDP einzugehen. Der bisherige Gesetzentwurf der SPD sieht eine Fristenregelung ohne obligatorische Beratung vor. „All jene, die mit einer Pflichtberatung im Schwangerschaftskonflikt liebäugeln, müssen wissen, welchem abwertenden Frauen- und Mutterbild sie auf diese Weise Tür und Tor öffnen“, meinte Edith Niehuis. Ihr Fazit: „Wer Frauen wirklich helfen will, muß ihnen eine gute, aber freiwillige Beratung anbieten.“ flo