Neulich...

■ ...beim Entenfüttern: Phlegma in der Fauna

Wenn die Lüftchen wieder milder wehen, gehe auch ich hinaus und zu den Gewässern. Etwa dahin, wo geflügelte Enten wie Stubenhocker leben. Ein Rätsel der Wildnis, warum ausgerechnet diese Tiere, denen man bloß Brot vor die Füße werfen kann, Flügel haben. Sind nicht Flügel zum Fliegen da? Nein, Enten sind Snobs und höchstens vergleichbar jenem mir bekannten Cabrio-Fahrer, der nur deshalb ein Cabrio hatte, um es demonstrativ geschlossen zu lassen.

Nun könnten ja klügere Enten wenigstens mal ansatzweise abheben — zum Beispiel, um an das von mir so freundlich dargebrockte Brot schneller heranzukommen. Aber jesses, ehe sich unter lauter dummen eine cleverere Gans auf den Weg macht, färbt eine krakeelende Wolke den Himmel über dem Tümpel dunkel. Und 44 Möwen stürzen ab auf Brösel und Brösler und pieksen noch die ein oder andere Trutsche in den Hintern. Einzelne Tauben kichern.

Jetzt könnte man sagen, derartiges Ententum sei vornehme Zurückhaltung und Gier kein Lebensthema der Enten; oder Enten nähmen eben nicht von jedem oder lieber Kuchen. Egalweg: Man sieht daran beispielhaft, was man davon hat. Nämlich nichts mehr, weil alles schon weg ist, bis man kommt. Dagegen lassen sich satte Möwen lässig Emma nennen von Muttis und Morgenstern und von oben auch gerne noch eine Kleinigkeit fallen.

Also diese Möwen, diese Möwen aber auch! Das Ehepaar im Promenaden-Alter hat alle Hände voll zu tun, obenrum wegzuwedeln, um untenrum Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Denn sowohl die entfernteste wie die wildeste Ente (ein Paradoxon) hat ein Recht auf altes Weißbrot! Sind wir nicht alle gleich Zukurzgekommene? Trotzdem kommt die Gerechtigkeit in der Tierwelt auch nur von oben! Selbst fairste Fütterer fallen nämlich vom rechten Fütterverhalten ab, wenn schiere Schönheit die Böschung zum Laufsteg macht: Eine Exotin hat sich eingeschlichen, ein farbiger Hochstelzer. Eine ganz seltene Ente! Nein, ist die schön! Putputput! Bestimmt ein Männchen! Wieso das, frage ich kühn. Na, für ein Weibchen ist die doch viel zu schön.

Auja, da kennen sich Pensionärinnen aus: nix da, junge Frau, ein Männchen, ein Männchen. Der graue Regenmantel weht resolut, dreht ein Stück von mir ab und zieht das eigene Männchen nach sich: was für ein unbefugtes Herantreten, Befragen und Bezweifeln von norddeutschen Ehepaaren aber auch! Nachher fehlt das Portemonnaie! Da sollte man sich besser flüstern, daß es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Mandarin-Ente handelt. Ach, eine Mandarin-Ente, sage ich unverfroren, und zur Ente: soso, eine Mandarin- Ente! Das läßt dem kalten Rücken keine Ruhe: Wer hat hier zuerst gewußt, um wen es sich handelt? Und daß es ein Männchen, ein Männchen ist! Kein Weibchen! Weil das Weibchen in der Tierwelt immer blaß und farblos ist, junge Dame, immer!

Der Knall-Erpel plustert sich, der Gatte freut sich dünner. Sind graue Weibchen, die um etwas wissen, nicht sehr sinnstiftend? Dafür kriegt das Männchen vom Männchen noch ein extra dickes Bröckchen! Die Möwen sehen plötzlich alt aus. Die Tauben haben ganz verschissen. Claudia Kohlhase