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■ QUERSPALTEKabale und Hiebe im Schloß

Wir wollten uns schon abwenden. Vier Tage nichts Neues über Kabale und Hiebe im Schweriner Schloß. Doch jetzt hat der bärtige Bösewicht Diederich wieder die Szene betreten. Es treibt ihn ein starkes Motiv. Er wollte der neue König sein. Doch seit Donnerstag sitzt ein Tierarzt auf dem Thron. Wohlan, dachte sich der Diederich. Wenn ich nicht König sein kann, will ich Königsmörder sein. Er beriet sich mit seinem treuen Gefährten Ulrich Born und verkündete dem Herrscher über alle Mecklenburger: Wo Born nicht ist, will auch ich nicht sein. Der König erschrak und mit ihm das ganze Land Mecklenburg- Vorpommern.

Nun geht es also wieder rund im Schweriner Schloß. Allen Theaterfreunden sei kurz erzählt, was bisher gespielt wurde. Innenminister Georg Diederich und Justizminister Ulrich Born hatten solange gegen den alten Regierungschef Alfred Gomolka gestänkert, bis seine Fraktion sich von ihm abwandte und ihn zum Rücktritt zwang. Born kostete das seinen Job. Kurz bevor Gomolka selbst die Bühne verlassen mußte, hatte er Born heruntergeschubst. Diederich blieb oben und wollte neuer Landeschef werden, konnte aber nicht, weil Gomolka seine Stimme nur dem Tierarzt Berndt Seite geben wollte. Und weil jede Stimme zählt im Schweriner Koalitionstheater, mußte Seite ihm dafür versprechen, seinen Widersacher Born auch fortan aus dem Spiel zu lassen. Der Tierarzt versprach's und hat dafür jetzt Diederich im Nacken. Alle Akteure sind aufrechte Christdemokraten und beziehen ihre Gage vom Volk.

Daß sie vom Volk aber auch ein Mandat erhalten haben, um sich um solche Nebensächlichkeiten wie die Werften, die Landwirtschaft und den Tourismus zu kümmern, während das Volk auf dem Arbeitsamt Schlange steht, haben die Polit-Akteure von Schwerin längst vergessen. Gelegentliche Regieanweisungen aus Bonn verhallen ungehört. „Mandate zu Schwertern“, schallt der Schlachtruf von der Ostseeküste. Diederich hat ein Mandat, sein Kumpel Born nicht. Gomolka hat ein Mandat, sein Chef Seite nicht. Wen trifft der nächste Hieb?

Lehnen wir uns also wieder entspannt zurück: Vorhang auf zum zweiten Akt von Kabale und Hiebe im Schloß. Dem Volk von Mecklenburg- Vorpommern aber sei ein saftiger Theaterskandal empfohlen: Schmeißt die ganze Bande endlich von der Bühne! Bettina Markmeyer

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