„Mit Tschernobyl nicht zu vergleichen“

■ Kurze Statements zum Störfall von Arthur Petrow, Bürgermeister von Sosnowij Bor, und vom Beauftragten für die Überwachung des Atomkraftwerks, Stanislaw Pawlow

taz: Herr Petrow, der Gefahrengrad des Unfalls wurde mit der Stufe „drei“ angegeben. Hat sich seit Bekanntwerden gestern abend daran etwas geändert?

Petrow: eue beunruhigende Informationen liegen nicht vor. Der Reaktor hat sich durch seine automatische Sicherungsanlage abgeschaltet.

Pawlow: Nach wie vor fällt der Unfall nach der internationalen Skala in die Kategorie „drei“. Ich zweifle eigentlich nicht daran. Aber bei uns kann sich alles immer wieder ändern, wissen Sie. Objektive Daten für eine Verschlimmerung liegen aber nicht vor.

Herr Bürgermeister, wie verhält sich die Bevölkerung im Moment. Glaubt sie den Verlautbarungen, nach denen es heißt, das alles sei ungefährlich?

Petrow: Wir haben die Radioaktivität gemessen, sie bewegt sich im normalen Rahmen auf dem Gebiet des Atomkraftwerkes, in der Stadt selbst und auch in der Umgebung. Die Daten unterscheiden sich nicht von den gestrigen und vorgestrigen. Wir kühlen den Reaktor jetzt, um den Druck zu reduzieren. Dann beginnen wir mit den Wiederherstellungsarbeiten. Mit Tschernobyl ist dieser Vorfall überhaupt nicht zu vergleichen. Die Leute arbeiten normal, nichts von einer Tragödie oder dergleichen.

Treffen Sie Vorbereitungen für eine eventuelle Evakuierung der Bevölkerung?

Petrow: Nein, nichts dergleichen. Denn der Reaktor ist bereits abgekühlt. Zusätzliche Explosionen sind ausgeschlossen.

Es kursieren aber unterschiedliche Informationen über die Verseuchung. Wie erklären Sie sich das?

Petrow: Natürlich gibt es bei uns immer außerordentlich divergierende Meldungen. Viele Zeitungen wollen die ersten sein, die mit der Neuigkeit aufwarten, ohne ihre Daten näher zu verifizieren. Bedauerlicherweise wird das auch noch gedruckt. Ich habe Ihnen zuverlässige Angaben gemacht. Wir waren gestern abend und heute den ganzen Tag vor Ort und sind genauestens im Bilde.

Pawlow: Überall wird darüber geredet. Gerüchte kursieren. Aber im Werk selbst ist alles ruhig, jeder geht seiner Aufgabe nach. Selbstverständlich ist die Bevölkerung beunruhigt. Je weiter weg vom Atomkraftwerk, desto mehr Gerüchte und Gerede.

Was haben Sie nach den Warnungen der schwedischen Expertengruppe unternommen, die auf mögliche Gefahren schon hingewiesen hatte?

Pawlow: Ich habe den Bericht in der Zeitung gelesen und mich gewundert, wie schnell sie diese Prognose erstellen konnten. Wie unsere lokalen Behörden dazu stehen, kann ich Ihnen nicht sagen.

Und Sie selbst, wie stehen Sie zur Atomenergie?

Pawlow: Nach wie vor positiv. Unsere Hauptaufgabe besteht darin, die Atomenergie sicherer zu machen und sie dem internationalen Standard anzupassen. Kurzinterviews: Klaus-Helge Donath