SCHALCK-AUSSCHUSS BRINGT LICHT IN GRÖSSTE WEINBETRÜGEREI DER LETZTEN JAHRE

Vom Papst einen Orden

Fischach (Kreis Augsburg) — Vor etwas mehr als zwei Jahren machte im schwäbischen Fischach die Nachricht die Runde, der ortsansässige Weinhändler Peter Hauser habe eine Privataudienz beim Papst bekommen, sei sogar mit einem päpstlichen Orden ausgezeichnet worden.

Im Juli 1991 war Peter Hauser dann wieder einmal das Thema schlechthin in seinem Heimatort. Er ist nämlich seither auf der Flucht, gesucht per internationalem Haftbefehl (taz vom 20.7. 1991). 120 Millionen Mark soll der Unternehmer mit illegalen Schnapsgeschäften ergaunert haben. Der Trick des Unternehmers mit den guten Kontakten in allerhöchste Kirchenkreise — selbst der Erzbischof von Breslau, ein „Busenfreund“ von Papst Johannes PaulII, war schon in Fischach zu Besuch — ist denkbar einfach: Bis zur Wende galt die DDR als deutsches Zollgebiet, und somit waren für die Einfuhr von Waren keinerlei Einfuhrzölle zu entrichten. Peter Hauser bediente sich drei verschiedener Briefkastenfirmen in Liechtenstein und der Schweiz, so die Ermittlungen, um seine „Wein-Waschanlage“ auch funktionsfähig zu halten. Das wurde dieser Tage im Schalck-Untersuchungsausschuß (KoKo-Untersuchungsausschuß) des bayerischen Landtags bekannt.

Die Hauser-Firmen „Vinimex“, „Honimex“ (!) und „Weinimpex“ haben demzufolge Wein und Alkoholika aus sogenannten Drittländern, vorwiegend aus Polen, gekauft und an den DDR-Außenhandelsbetrieb „Forum“ verkauft. Forum wiederum verhökerte die Alkoholika zurück an die Firma Hauser, und schon war der Wein „gewaschen“.

Nach den Angaben des Statistischen Bundesamtes hat die Firma Hauser allein 1990 für 4,36 Millionen Mark Agraralkohol und für über zehn Millionen Mark Wein und Traubensaft als angebliche DDR- Ware eingeführt. Aus der ehemaligen DDR soll der 60jährige Peter Hauser auch den heißen Tip bekommen haben, daß ihm die deutsche Zoll- und die Steuerfahndung bereits auf der Spur sind.

Der 50-Mann-Betrieb, der vor allem so hochwertige Flüssigkeiten wie Sangria, Glühwein, Obstler und Wermut vertreibt, wird derweil kommissarisch weiterbetrieben. Der 35jährige Geschäftsführer, ein Neffe des Firmeninhabers, wurde zwar noch im Juli verhaftet, inzwischen allerdings wieder auf freien Fuß gesetzt, wie erst jetzt vor dem Schalck- Untersuchungsausschuß bekannt wurde. Und das hängt nach dem Vortrag des Abgeordneten Dr. Manfred Fleischer (Die Grünen), einem der Berichterstatter im Ausschuß, mit einem Kaufinteressenten zusammen.

In öffentlicher Sitzung des Schalck-Ausschusses berichtet Fleischer über sein Aktenstudium der Ermittlungsunterlagen: „Der beschuldigte Geschäftsführer wurde am 4.7. 1991 in Untersuchungshaft genommen und am 13.11. 1991 gegen eine Kaution von 400.000DM entlassen, nachdem die Firma Müller-Milch in Aretsried (Gemeinde Fischach, d.Red.) am 5.11. 1991 bestätigt hatte, daß sie sich bemühe, die Firma Hauser aus der Konkursmasse zu kaufen und im Falle einer Übernahme sehr interessiert sei an der Weiterbschäftigung des bisherigen Geschäfstführers.“

Die Leitende Oberstaatsanwältin, Wilma Resenscheck aus Augsburg, bestätigte auf Nachfrage die Außerkraftsetzung des Haftbefehls gegen nicht näher bezeichnete Auflagen. Sie hat aber, wie sie versichert, keine Informationen darüber, daß es die Firma Müller sei, die sich für die Firma und den Geschäftsführer interessiert. Frau Resenscheck berichtet davon, daß einige Mitarbeiter von „Forum“ zwar inzwischen verhört worden seien. Allerdings sei „nicht viel dabei herausgekommen“, hieß es. Nachdem sich vor einigen Tagen Theobald Müller das Firmengelände von Peter Hauser schon mal genau angesehen hat, wird in Fischach wieder viel erzählt von alten Gemeinsamkeiten zwischen Hauser und Müller.

Müller ist bekanntlich mehrmals wegen seiner in das Flüßchen Schmutter geleiteten Abwässer, zuletzt wegen 5.000 Liter Sahne und einem dadurch verursachten Fischsterben, ins Gerede gekommen. Peter Hauser hatte dem kleinen Fluß auch schon allerhand zugemutet. Vor einigen Jahren ist Alkohol in großen Mengen bei der Firma Hauser ausgelaufen. „Die Fische waren besoffen, einige haben's gar mit dem Leben bezahlt“, erinnert sich ein Bekannter des Weingroßhändlers.

Der Papst übrigens will noch vor Ostern einen neuen Katechismus unterschreiben, demzufolge Steuerhinterziehung von nun an Sünde ist. Ob dem Fischacher Weinhändler dann der päpstliche Orden wieder aberkannt wird? Zumal vor wenigen Tagen an der deutsch-österreichischen Grenze bei Kiefersfelden der ehemalige Leiter eines VEB der DDR festgenommen wurde, der, offensichtlich in Zusammenarbeit mit Peter Hauser, zwischen 1980 und 1990 Schnaps aus Drittländern in die DDR importiert und als DDR-Ware an die BRD verkauft hatte. Hauptnutznießer der Manipulation des VEB „Weinbrand Wilthen“ ist laut Staatsanwaltschaft „eine Firma aus dem Landkreis Augsburg“. Klaus Wittmann