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Aus die Schau

■ Sat.1 mordet im Sommer die „Sportschau“: Sportchef Burkhart übernimmt die Reporter-Cracks

Gerade freut man sich über die nette Neuauflage der Uralt- Diskussion, Haschisch endlich zu legalisieren, da plötzlich raubt man uns das Liebste aller Suchtmittel: Die geliebte Sportschau, allsonnabendlich um sechs Uhr genüßlich reingezogen, soll von der Platte. Schuld ist ein Drogensyndikat namens Sat.1, das seinen eigenen, neuen Stoff auf den Markt bringen will. Das Grundelement der neuen Droge ist zwar gleich, doch wird es gemixt und dadurch besonders gefährlich: Was Sat.1 plant, ist Crack für den Sportfan.

Das Unglück begann damit, daß die Münchner Agentur ISPR die TV-Übertragungsrechte der Fußball-Bundesliga über fünf Jahre für 700 Millionen Mark gekauft und die Erstverwertungsrechte an Sat.1 abgegeben hat. Der Privatsender, der bislang nur durch das Ausstrahlen unsäglich alter Streifen von Filmmogul und Miteigentümer Leo Kirch auffiel, will durch diesen Coup Millionen Süchtige zum Umschalten zwingen. Der neue Sportchef Reinhold Beckmann nämlich plant seine Fußball-Sendung gemeinerweise zur bisherigen Sportschau-Zeit. Und will den Abhängigen mit mehr belästigen als dem reinen Stoff: Eine Fußball-Show soll es werden, die so richtig benebelt.

Ob die öffentlich-rechtlichen Anstalten die 30 Jahre alte Sportschau völlig sterben lassen müssen, ist noch hart umkämpft. Bei einer Verhandlung Ende März wollen während einer „Elefantenrunde“ Albert Scharf (Intendant des Bayerischen Rundfunks), Dieter Stolte (ZDF-Intendant) mit Günther Wille (Vorstandsvorsitzender der Axel Springer AG) und Wolfgang Theye (Generalbevollmächtigter der Firmengruppe Leo Kirch) die Modalitäten besprechen, wie die öffentlich-rechtlichen Sender über die Fußball-Bundesliga berichten dürfen. Momentan ist die Zukunft der Sportschau, die zuletzt als einziges ARD-Zugpferd steigende Zuschauerzahlen bis zu zehn Millionen in den alten Bundesländern aufweisen konnte, ungewiß.

Scheinheilige Verwunderung übt indes der DFB, daß aus der ersten Reihe nicht einmal ein Angebot vorgelegt wurde, als es um die Rechte ging. Durch ein attraktives Werbekonzept, das das neue Sponsoring von Sendungen einbezieht, wäre zumindest eine teilweise Refinanzierung der fälligen Lizenzgebühren möglich gewesen.

Ob dieser Fehlleistung der Verantwortlichen, so behaupten nun die Genschers in den Sportredaktionen, verlassen sie das Schiff und schwimmen lieber mit dem Strom. Gerd Rubenbauer (R'rrrollendes RRRR), Uli Köhler (beide Bayerischer Rundfunk), Volker Kottkamp (Südwestfunk), Thomas Herrmann, Markus Jestedt und Rolf Töpperwien alias „der Nicker“ (alle ZDF) sollen, gelockt von hohen Jahresgehältern, mit einem Wechsel liebäugeln. Beckmann will auch Ernst Huberty („Premiere“) holen; Michael Novak, Fußball-Chef des Sport-Informations-Dienstes, wurde als Pressechef unter Vertrag genommen. miß

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