Personalmangel füllt Kinderheime

Kreuzberg. Immer weniger sind die Berliner Jugendämter in der Lage, ihren Aufgaben gerecht zu werden. »Anstatt präventiv zu helfen, droht das Jugendamt wieder zur puren Ordnungsbehörde zu verkommen«, sagte gestern Helmut Borchardt (SPD), Jugendstadtrat in Kreuzberg. Seit 1981 hat sich die Zahl der Jugendamtsmitarbeiter nicht mehr erhöht, obwohl die Bevölkerung um 30.000 auf 165.000 Kreuzberger angewachsen ist. Nun soll das Bezirksamt weitere 25 bis 30 Stellen einsparen. Ausgenommen von dem Sparzwang sind lediglich die Kitas.

Von den 34.000 Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren im Bezirk sind die Hälfte ausländische Berliner. Fast jeder dritte von ihnen verläßt die Schule ohne Abschluß. »In SO 36 betreuen wir 30 bis 45 Prozent ausländische Familien«, erzählt Lutz Zumkeller vom Regionalen Sozialdienst. »Je mehr die wirtschaftliche Lage sich verschlechtert, desto drängender werden die Probleme.« Gerade die ausländischen Familien seien viel weniger vertraut mit Ämtern und staatlicher Unterstützung.

Mußte die Sozialarbeiterin Gudrun Raßbach noch 1985 235 neue Kinderschutzfälle — also mißhandelte oder mißbrauchte Kinder, in ihre Arbeit aufnehmen, waren es im vergangenen Jahr bereits 399. Die Krisendienste seien ebenso überlastet wie die Familienfürsorge, sagt sie. Wegen der Überlastung der Ämter komme die Familienfürsorge immer häufiger zu spät, um die Lage in der Familie zu stabilisieren. Dann bleibt nur noch die Fremdunterbringung. 500 Millionen Mark gibt das Land Berlin jährlich für die Unterbringung von 8.000 Heimkindern aus. »Es kann doch nicht sein, daß die Heime wieder voller werden, weil uns hier die Arbeitsbedingungen wegrutschen«, so Borchardt. jgo