Erstes »Lighthouse« für Aids-Kranke

■ »HIV«-Mitarbeiter wollen das erste deutsche Hospiz in der Klinik am Viktoriapark errichten/»Haus des Lebens« gegen Ghettoisierung

Berlin. Die seit über vier Jahren leerstehende Klinik am Kreuzberger Viktoriapark soll zu neuem Leben erweckt werden. Wenn es nach dem Willen der Mitarbeiter der Selbsthilfegruppe »HIV e.V« geht, wird dort demnächst das »Lighthouse Berlin« entstehen — das erste Hospiz für Aids-Kranke in der Bundesrepublik. Nach zweijähriger Entwicklung liegt das Konzept jetzt Gesundheitssenator Peter Luther (CDU) zur Unterschrift vor. Ohne die will der Eigentümer der Klinik das Haus keiner Nutzung zur Verfügung stellen. Bereits im November 1989 hatten vierzig Leute die ehemalige Klinik für einige Stunden besetzt und gefordert, die guterhaltenen Räume zur Unterbringung pflegebedürftiger Aids- Kranker zu nutzen. Nach der Räumung begannen HIV-Mitarbeiter, ein Hospiz-Konzept auszuarbeiten. Ein »Gesamtkunstwerk« stellt Bernd Vielhaber, Geschäftsführer von HIV e.V., sich vor — mit fünfzehn stationären Betten sowie Beratungsstellen, Arztpraxen, einer Schwulensauna sowie einem Restaurant und Café unter einem Dach. »Dort soll ein Haus des Lebens entstehen. Wir wollen die Ghettoisierung von Aids- Kranken verhindern«, so Vielhaber. Hospize für Aids-Kranke, die keine eigene Wohnung haben oder in dieser nicht mehr betreut werden können, gibt es bereits in London, Basel, Stockholm und Amsterdam. Offen stehen soll das Berliner Modell allen Menschen mit HIV und Aids, unabhängig von sexueller Orientierung. Auch Drogengebraucher sollen aufgenommen werden, sofern eine Substitutionsbehandlung eingeleitet worden ist. Über den Bedarf ist Vielhaber sich sicher. »Die Lage der Aids-Kranken in Berlin ist katastrophal«, sagt er. Immer mehr Kranke verbrächten die letzten Monate ihres Lebens im Krankenhaus, weil sie entweder keine Wohnung oder keine Pflegeperson hätten. Seit 1988 haben HIV-Mitarbeiter über zweihundert Aids-Kranke zu Hause gepflegt. »Wenn wir Wartelisten hätten, wären sie ellenlang«, so Vielhaber. Bei Zuhause im Kiez (ZIK), die Wohnungen an Obdachlose mit HIV oder Aids vermitteln, stehen fast zweihundert Leute auf der Warteliste. Auch das Hospiz könne also nur einen Teil der Versorgung darstellen. Alle übrigen »Bewahrungsanstalten, die diese Gesellschaft pflegebedürftigen Menschen vorhält, sind für Aids-Kranke im letzten Stadium völlig ungeeignet«, begründet Vielhaber die Notwendigkeit eines speziellen Hospizes. Psychiatrien nähmen Schwerstpflegefälle nicht auf, die Altersheime seien voll, Krankenhäuser hätten andere Aufgaben. Ein geeigneteres Objekt als die Klinik am Viktoriapark sieht Vielhaber im Moment nicht. Dennoch ließe sich das Hospiz auch an einem anderen Ort errichten, wenn geeignete Räume in zentraler Lage, möglichst mit Zugang zum Grünen, gefunden würden. Außer einer Absegnung Luthers fordern die HIV-Mitarbeiter von der Gesundheitsverwaltung auch eine feste Stelle. Das Hospiz selber soll, soweit wie möglich, aus Stiftungsgeldern betrieben werden. Die Senatsverwaltung für Gesundheit teilte der taz auf Anfrage mit, Interesse bestehe durchaus. Eine offizielle Stellungnahme steht noch aus. Jeannette Goddar