IG Metall drückt sich vor Diskussion

■ Ein Fall von sexueller Nötigung in der IG Metall findet in Berliner Ortsversammlung kein Interesse

Berlin (taz) — Bei einem Thema fehlt der Berliner IG Metall offensichtlich der lange Atem, den sie sonst bei Tarifverhandlungen aufweist: Sexuelle Belästigung in den eigenen Reihen. Bei der nicht öffentlichen Vertreterversammlung am Mittwoch in Berlin-Köpenick wurde der Vorfall eines Gewerkschaftssekretärs, der eine Kollegin sexuell genötigt hatte, in einer kurzen Erklärung der Ortsverwaltung gleich zu Beginn der Sitzung kurz abgehandelt. Darüber diskutieren wollte anschließend keiner.

Bekanntgeworden war der Fall Ende Januar (die taz berichtete) und hatte unter Gewerkschaftlern heftige Diskussionen ausgelöst — war doch die IG Metall die erste Einzelgewerkschaft überhaupt, die öffentlich der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz den Kampf angesagt hatte. Im eigenen Haus verfuhren die Metaller milde: Der Beschuldigte wurde entgegen der Forderung des Frauenausschusses, dem Mann zu kündigen, mit dem Segen des Hauptvorstandes lediglich versetzt.

Während Gewerkschaftler sich noch Anfang März auf einer Veranstaltung zu dem Vorfall von der Vertreterversammlung eine klärende Diskussion erhofften, blieb dort das Thema außen vor. Die Ortsverwaltung erklärte vor den rund 250 Vertretern lediglich, daß eine personenbezogene Diskussion nicht weitergeführt werden soll. In den Betrieben werde es demnächst Sprechstunden für solche Fälle geben.

„Die Art und Weise, wie die Ortsverwaltung damit umgeht, zeigt doch, daß die IG Metall dem Thema nicht gewachsen ist“, meinte Gewerkschafter Stefan Demke. Mehrere Gewerkschaftler übergaben dann am Mittwoch der Ortsverwaltung eine Unterschriftensammlung, mit der die Forderung des Frauenausschusses unterstützt wird. Corinna Emundts