■ Lokaltermin
: Die Macht der Nacht

Die Macht der Nacht

»Die Macht der Nacht« heißt es fortan und immerdar am Freitag und am Samstag in der »Halle«, die einfach kurz »Halle« heißt und in Weißensee ihr Vergnügungsdiscohallendasein offiziell vor einer Woche eröffnete. Inoffiziell allerdings begann man hier schon vor ein paar Monaten.

Im Sommer 91 feierte man die mehr oder weniger legendäre Abschlußparty der »Love Parade« und im November spielte die sympathische Onkelbastlerband »Kraftwerk«. Die 5.000 Quadratmeter große, 1917 gebaute ehemalige Werkshalle vermag wie nur wenige andere Berliner Orte Industrieromantik zu vermitteln. Ihr Standort ist ziemlich genial, denn erst ein wenig außerhalb, im industriellen Niemandsland, dort wo eigentlich gar nichts ist, kann das Gefühl für Nacht wieder entstehen, daß in der westlichen Innenstadt zumindest mehr oder weniger verlorengegangen ist.

Und vielleicht kann man auch erst außerhalb auf die nächtlichen Stilisierungen verzichten, die im Innerstädtischen gang und gebe sind. Die »Szene« ist da, wo niemand nach Szene aussehen muß, was Szene auch immer meint. Die Hallenangestellten und die BesucherInnen der Nacht sehen jedenfalls sympathisch normal aus. Auch bei der Renovierung des Ortes hat man auf den üblichen Blödsinn verzichtet; weder wurde die Geschichte der Halle durch discomäßiges Styling vernichtet, noch wurde ihr Industriecharakter affig betont.

Höflich und modern jedenfalls geben sich Raum und Leute bei der Eröffnung: Eröffnungshäppchen und ein in die Jahre gekommener zopfbewehrter Discotheker drehen gemächlich ihre Runden, radschlagend machen Künstler Kunst, seltsame Männer mit komischen Walkie-Talkies stehen herum, ein paar Fernsehkameras gehen Gesichter stehlen. Irgendwo tanzt das Volk, auf den Balustraden schaut man sich beim Tanzen zu. Die, die man eben noch ansprechen wollte, verschwindet im Nebel, der aus dem Boden quillt, während in einem besonders schön und sanftgrün beleuchteten Nebenraum das Zeitgefühl verlorengeht. So ähnlich sei es tatsächlich in New York, meinte eine Freundin; da lägen die besten Discotheken zum Beispiel in der ehemaligen Schlachthofgegend. Was immer das heißt — wer tanzen will, ist in Weißensee tatsächlich bestens bedient.

Die Halle, Berlin-Weißensee, An der Industriebahn 12-16, O-1120 Berlin, Straßenbahn 72 oder 24, Disco- oder Sonderveranstaltungen: gewöhnlich Freitag und Samstag ab 21 Uhr, Kontakt: Siggi Schilk; 030/8915336 oder (Funktelefon) 0161/2303982