Bonn apart
: Bananenprivileg kippt

■ Gelbe Frucht wird preislich europäisiert

Ingrid Matthäus-Maier steht gewiß nicht im Verdacht, dem Populismus zuzuneigen. Im Gegenteil: zum wiederholten Male beschlich mich Anfang dieser Woche der Verdacht, daß die Expertin fürs Ökonomische möglicherweise gar zu differenziert ist, um in den Bonner Mechanismen wahrgenommen zu werden. Wieder zwölf Seiten Text plus sechs Anlagen zum sperrigen Thema Umverteilung, Steuern und Finanzen — ein Fall von Überqualifikation.

Umso auffälliger also, wenn Matthäus-Maier mit knappen fünf Zeilen und knackiger Überschrift an die Öffentlichkeit geht. „Bananensteuer muß vom Tisch“, verlangt die stellvertretende SPD- Fraktionsvorsitzende. Mir war entgangen, daß eine solche ins Haus steht und tatsächlich ergab die Lektüre des kargen Schriftstücks, daß nicht etwa Steuern die Bananen verteuern, sondern möglicherweise Europa. Der schlaue Konrad Adenauer nämlich — und Matthäus-Maier beruft sich auf ihn — hat ganz, ganz früher, als die ersten EWG-Verträge abgeschlossen wurden, gesichert, daß „wir Deutschen unsere Bananen zollfrei kaufen“ (Matthäus-Maier).

Ob Adenauer ahnte, wußte, visionär vor Augen hatte, welche Rolle ausgerechnet Bananen für das gesamtdeutsche Bewußtsein haben würden? Unsere westeuropäischen Nachbarn jedenfalls müssen für ihre Bananen mehr auf den Tisch legen, weil Einfuhr- und Zollbestimmungen die teuren Produkte aus eigener Produktion, aus den ehemaligen Kolonien und den Staaten des Lome-Abkommens begünstigen. Und weil im Zeichen des Binnenmarktes ab 1993 alles harmonisiert sein muß, wird auch die unterschiedliche Bananenimportpolitik ein Ende haben müssen. „Protektionistische Marktregelungen“ befürchtet nicht ganz frei von Demagogie ein liberaler Kollege von Matthäus-Maier, dessen ehrliche Sorge wohl mehr den Preisen gilt. 100 Prozent teurer könnten ab 1993 die Bananen werden — in Deutschland wäre das entschieden unpopulär. Denn mit 14 Kilogramm Jahresverbrauch in den alten und 27 in den neuen Bundesländern liegen die Deutschen an der Weltspitze.

Und Joachim Poß, finanzpolitischer Sprecher der SPD, enthüllte dieser Tage, daß Gefahr auch bei einem anderen Nahrungsmittel droht, daß hier am liebsten gleich en gros verbraucht wird. Theo Waigel habe in Europa Ja gesagt zu höheren Biersteuern. Die CSU wies die Kritik erbost zurück: „Bei den Harmonisierungsverhandlungen hat Dr. Theo Waigel außerdem erreicht, daß in Deutschland keine Weinsteuer erhoben werden muß.“ Immerhin, schließlich können wir nicht alle, was uns lieb und billig ist, für Europa opfern. T.B.