Polizisten wollen mehr Geld

■ Konkurrierende Polizeigewerkschaften lasen den Politikern gestern die Leviten

Nürnberg (taz/dpa) — Ein seltsames Bild im weißblauen Ordnungsstaat: Keine Polizisten, die gegen Demonstranten vorgehen, sondern Ordnungshüter, die selbst auf die Straße gehen. Ausgerechnet in der bayerischen Landeshauptstadt München demonstrierten gestern 8.000 Polizisten für eine bessere Bezahlung und eine neue Laufbahnordnung. Zum ersten Mal gingen damit Ordnungshüter im Freistaat auf die Straße.

Bayerns Innenminister Edmund Stoiber, der bislang noch keine Gelegenheit ausgelassen hat, Sicherheit und Ordnung zu predigen und das Bemühen des Freistaats um den gesamten Polizistenstand hochleben zu lassen, versuchte im Vorfeld den von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) organisierten Marsch zu einem Flop werden zu lassen.

Zunächst kündigte er seinen Redeauftritt bei der am gleichen Tag stattgefundenen Kundgebung der konservativen GdP-Konkurrenz, der „Deutschen Polizeigewerkschaft“ im Beamtenbund, im Münchener Hofbräuhaus an. Dort wurde gestern vor 1.500 Mitgliedern allerdings auch deren Landesvorsitzender, Gerhard Vogler, deutlich und forderte mehr Geld und bessere Chancen für die Beförderung. Die Politiker müßten endlich begreifen, daß „Sicherheit ihren Preis“ habe. Der Landesvorsitzende sah sonst bei jährlich steigender Kriminalitätsrate „neapolitanische Verhältnisse“ voraus. Der Beruf des Polizisten sei „für qualifizierte Bewerber“ unattraktiv geworden. Den gestiegenen Anforderungen sei in der Laufbahnstruktur nicht Rechnung getragen worden.

Die Gewerkschaft der Polizei wirft Innenminister Stoiber außerdem vor, er habe versucht, auf informellen Wegen, etwa über Agitation in den CSU-Polizeiarbeitskreisen, ihre Demonstration zu diskreditieren. Um dem Protest der Polizeibeamten den letzten Schwung zu nehmen, kündigte er schließlich einen Tag vor der Demonstration weitreichende Verbesserungen in der Besoldung und bei den Karriere-Chancen im bayerischen Polizeidienst an.

Demnach dürfen bis 1994 insgesamt 1.600 Polizeihauptmeister prüfungsfrei zum Oberkommissar befördert werden. Weitere 400 mittlere Beamte werden dann über die Fachhochschule in den begehrten gehobenen Dienst aufsteigen können. Dadurch will Stoiber die Beförderungswartezeiten im mittleren Dienst drastisch verkürzen.

Stoibers Vision bis zum Jahr 2000 ist dann die Ausweitung des Anteils des gehobenen Polizeivollzugsdienstes auf 50Prozent. Nur mit „gutbezahlten und hochmotivierten Polizeibeamten könne der wachsenden Kriminalität“ wirksam begegnet werden. Stoiber will „alles daran setzen, daß es auch im nächsten Jahrtausend genügend Polizeibeamte zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung geben werde. Bs