Niedersachsens Grüne auf Krawall

■ Beschlüsse zu Giftmüll und Expo von SPD und Bürgerinitiativen angegriffen

Die niedersächsischen Grünen sind am Wochenende auf Konfrontationskurs gegangen. Die Landesdelegiertenkonferez in Hildesheim beschloß mit großer Mehrheit nach vierstündiger Debatte einen Antrag zur Giftmüllentsorgung, der die Grünen gleichermaßen mit dem Koalitiosparter SPD und dem Landesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz in Konflikt bringt. Die Delegierten sprachen sich gegen die geplante Hochtemperaturverbrennungsanlage aus, ließen dabei allerdings die Möglichkeit einer Giftmüll-Pyrolyse-Anlage unter verschärften Auflagen zu. daneben bezogen sie noch einmal dezidiert Stellung gegen die Expo 2000.

Mit dem Beschluß zum Giftmüllproblem setzten sich die Grünen zwischen alle Stühle. Die SPD hatte sich für den Bau einer HTVA ausgesprochen. Wolfgang Jüttner, umweltpolitischer Sprecher der SPD im Landtag, meinte, dieser Beschluß dürfe nicht das letzte Wort für die rot- grüne Koalition sein. Der SPD- Landes- und Fraktionsvorsitzende Johann Bruns sagte am Sonntag, der Beschluß sei zwar eine „tragfähige Ausgangsbasis“, aber völlig unzureichend. Er forderte die Grünen auf, Standorte für zusätzliche Pyrolyse-Anlagen zu benennen.

Der Grüne Bundesratsminister Jürgen Trittin und die Fraktionsvorsitzende Thea Dückert hatten der SPD vorgeworfen, sie weiche mit ihrem Ja zur HTVA nur der Auseinandersetzung mit der Industrie um Müllvermeidung aus. Beobachter sprachen von einer „Feuerprobe“ für die Koalition.

Heftige Kritik an den Grünen übte unterdessen Helmut Orth- Diestelhorst, Sprecher des Landesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (LBU). „Dieser Beschluß ist eine Verarschung“ meinte er gestern auf Nachfrage. „Wir haben den Grünen Untersuchungsergebnisse zur Verfügung gestellt, die klar beweisen, daß die Pyrolyse nicht funktioniert“, meinte der LBU-Sprecher. Auch die von den Grünen geforderte Sortenreinheit der Abfälle habe keine anderen Ergebnisse hervorgebracht. Den Delegierten sei suggeriert worden, die Zustimmung zur Pyrolyse sei der einzige Weg, die HTVA zu verhindern. In Wahrheit sei die Pyrolyse die Einführung der Verbrennung durch die Hintertür. Zu der Anlage werde ein Eingangslager und eine kleinere Verbrennungsanlage genehmigt. „Und wenn dann die Pyrolyse nicht klappt, bleibt genau das übrig.“ Die LBU hatte im Vorfeld der Konferenz an die Grünen appelliert, wegen der HTVA die Koalitionsfrage zu stellen.

Neben den Beschlüssen zur Giftmüllentsorgung sprachen sich die Grünen einstimmig gegen die Expo 2000 sowie gegen die geplane Erdgaspipeline durch das Wattenmeer aus. auch diese Beschlüsse lösten bei der SPD heftige Reaktionen aus. Johann Bruns meinte, die EXPO-Entscheidung könne nicht bindend für die Koalition sein, da sie den Vereinbarungen zuwiderlaufe. J.G.