Die Bilder und die Belastung bleiben trotz der neuen Bestimmungen

■ Kinderschützer reagieren nüchtern auf Kinkels Gesetzentwurf zu Kinderpornos

Berlin. Zum Feiern ist keinem zumute. Obwohl Justizminister Kinkel in Bonn vergangene Woche in Bonn einen verschärften Gesetzentwurf zur Kinderpornographie vorlegte, reagierten Berliner Kinderschutzorganisationen nüchtern auf die Neuerungen. »Es ist eine wesentliche Verbesserung, daß der Besitz von Pornoaufnahmen mit Kindern jetzt strafbar ist«, meinte Sozialpädagogin Frauke Hohmann, trotzdem sei die Hilfe für die mißbrauchten Kinder durch das neue Gesetz in keinster Weise verbessert worden. Vielmehr müsse die Prävention an den Schulen ausgebaut werden, um die Kinder zu schützen.

Frauke Hohmann ist seit 1985 Mitarbeiterin bei der Arbeitsgemeinschaft »Wildwasser«, die sich mit sexuellem Mißbrauch von Jugendlichen beschäftigt. Am Gesetzentwurf fehlt der Sozialpädagogin eine Verlängerung der Verjährungsfrist: »Es ist unerträglich für das Opfer, zu wissen, daß die Videobänder auch nach 20 Jahren noch vertrieben werden können«, während der Straftatbestand längst verjährt sei. »Die Bilder bleiben, und die Kinder haben keine Möglichkeit, sie zu vernichten, sie werden die Belastung nicht los.«

Bei dem neuen Gesetz gehe es nur um härtere Bestrafung, nicht aber um die Erschwerung von Vertrieb und Verkauf von Kinderpornos. Skandalös sei, daß der Staat immer noch den Vertrieb von Kinderpornos über Bildschirmtext zulasse. In Berlin gebe es mehrere Händlerringe, die mit viel Gewinn Kinderpornos vertreiben. Frauke Hohmann vermutet, »daß die Ringe seit der Wende verstärkt im Osten der Stadt operieren«, dort sei die Ahnungslosigkeit größer. Pornohersteller böten beispielsweise billige Gruppenreisen für Kinder an, bei denen sie die Kinder dann zu Filmaufnahmen überredeten.

Auch Lotte Koller vom Kinderschutz-Zentrum ist skeptisch: »Das neue Gesetz wird erst mal nichts ändern.« Die Beratungsstellen der Stadt seien überlastet, den betroffenen Kindern könne nicht ausreichend geholfen werden.

»Außerdem zeigt doch das Drogenproblem, daß ein Verbotsgesetz nichts helfen kann.« Vielmehr müßte es Hilfen für sozial schwache und kaputte Familien geben, die am meisten betroffen seien. »Die Kinder müssen endlich eine andere Möglichkeit haben, sich anderswo Geborgenheit zu holen, als bei Kinderpornohändlern.« Corinna Emundts